Berlakovich: Rücktrittsaufrufe werden lauter

Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) kommt noch stärker unter Druck, die Rufe von den anderen Parteien nach seinem Rücktritt werden lauter. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Berlakovich eine Anfragebeantwortung zum Thema Pestizide zumindest irreführend beantwortet hat.

Mittagsjournal, 3.5.2013

"Geheime Tatsachen"

Zehn Tonnen hochgiftige Neonicotinoide sollen 2011 in Österreich in Verkehr gebracht worden sein - Stoffe, die einen maßgeblichen Anteil am Bienensterben haben. Doch genaue Zahlen kennt die Öffentlichkeit noch nicht, weil sich das Umweltministerium auf Datenschutz und Amtsgeheimnis beruft - das hat das Ö1-Journal schriftlich: In einem Brief des Bundesamts für Ernährungssicherheit an das Parlament heißt es: "Die konkreten Namen der Wirkstoffe und deren Umsätze unterliegen der Amtsverschwiegenheit, weil diese geheime Tatsachen umfassen. Geheim ist eine Tatsache erst dann nicht mehr, wenn sie allgemein bekannt ist."

Und begründet wird die Geheimhaltung der Mengen an Giften, die da in die Umwelt kommen, ganz offen mit den Geschäftsinteressen der Chemieindustrie: "Damit wären schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen dieser Firmen verletzt, da die Antragstellerin als außenstehende Dritte Kenntnis über interne Firmendaten wie Umsätze etc. erlangen kann."

Innere Widersprüche

Umweltminister Nikolaus Berlakovich wird ja von der Opposition und vom Koalitionspartner SPÖ auch ganz offen vorgeworfen, Lobbyist der Pestizid-Hersteller zu sein. Was Berlakovich sicher ist und immer war: sehr zurückhaltend mit seinen Auskünften. Eine parlamentarische Anfrage der Grünen vom Oktober 2011 wie viel von einer bestimmten Art Pflanzenschutzmittel in Österreich ausgebracht wird, beantwortete der Umweltminister so: ""Für den Einsatz (Verwendung) von Pflanzenschutzmitteln liegen keine Statistiken vor."

Und widerspricht sich damit quasi selbst - um noch einmal aus dem Brief seines Bundesamtes zu zitieren: "Gemäß Pflanzenschutzmittelverordnung haben die Zulassungs- und Genehmigungsinhaber sowie Inverkehrbringer die Mengen der einzelnen Wirkstoffe der verbachten Pflanzenschutzmittel schriftlich zu melden."

"Harte Diskussion"

Die anderen Parteien sind über die Vorgangsweise des ÖVP-Ministers entsetzt, seine Argumentation in Sachen Amtsgeheimnis nimmt niemand ernst. SPÖ-Umweltsprecher Hannes Weninger sieht Berlakovich schon im letzten Gefecht auf dem Rückzug: Man werde schon ein Jahr lang mit verschiedenen Erklärungen hingehalten. Und jetzt kommt die Amtsverschwiegenheit hinzu. Man brauche eine klare politische Botschaft: "Die heißt: Verbot von Pestiziden." Es werde eine harte Diskussion geben, aber er gehe davon aus, dass auch die ÖVP im Landwirtschaftsausschuss "eine Strategie finden wird, wie man das Bienensterben in Österreich verhindern und auch die EU-Richtlinie unterstützen kann."

Anfragen und Misstrauensanträge

Grünen-Chefin Eva Glawischnig will den Rechtsstandpunkt Berlakovichs bekämpfen und kündigt den Gang zu den Höchstgerichten an: "Wir werden alle rechtlichen Schritte einleiten", so Glawischnig.

Und auch der freiheitliche Umweltsprecher Norbert Hofer hält die Position des Ministers für nicht haltbar: In Österreich sei "ganz offensichtlich" eine Vielzahl von Giften im Einsatz, es gebe eine Meldepflicht und kein Amtsgeheimnis, man werde eine parlamentarische Anfrage einbringen.

Knappe Reaktion Erich Tadlers vom Team Stronach: "Der Minister ist wirklich rücktrittsreif."

Und BZÖ-Umweltsprecher Stefan Petzner schließt sich an: Er kündigt auch eine wahrscheinliche gemeinsame Initiative der Opposition gegen Berlakovich an: Klubobman Bucher werde an die anderen Parteien herantreten, um einen gemeinsamen Misstrauensantrag aller Oppositionsparteien gegen Berlakovich einzubringen.