Jüdischer Weltkongress in Budapest
In Budapest hat gestern Abend die dreitägige Plenarversammlung des Jüdischen Weltkongresses begonnen. Diesmal hat sich der jüdische Weltkongress Budapest ausgesucht, um ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in Ungarn zu setzen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 6.5.2013
Kein Kompliment für Ungarn
Der Jüdische Weltkongress wurde 1936 in Genf gegründet, mit der Absicht, die Weltöffentlichkeit gegen den Nazi-Terror zu mobilisieren. Heute versteht sich der Kongress als Anwalt der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Belange der Juden in mehr als 100 Ländern. Vorsitzender ist der amerikanische Unternehmer Ronald Lauder, Miterbe des Kosmetikkonzerns Estée Lauder. Alle vier Jahre kommen Delegierte der jüdischen Gemeinden und Organisationen zusammen, um Probleme der Juden zu besprechen. Meist werden diese Versammlungen in Jerusalem abgehalten. Dass der Jüdische Weltkongress nun erstmals in Budapest tagt, ist alles andere, als ein Kompliment für Ungarn.
Antisemitische Zwischenfälle
Der wachsende Antisemitismus im Land gibt nämlich Anlass zur Sorge. Und daher wird die Plenarversammlung in Budapest abgehalten, um den ungarischen Juden den Rücken zu stärken. Laut Beobachtungen des Jüdischen Weltkongress gab es allein im Vorjahr mehr als 100 antisemitische Zwischenfälle in Ungarn. Gestern demonstrierte die offen rassistische und antisemitische Parlamentspartei Jobbik gegen das ungarische Judentum, das an den Verbrechen des Kommunismus mitschuldig sei, wie von Jobbik-Parlamentariern immer wieder betont wurde. Daher hat sich der Jüdische Weltkongress deutliche Worte von Ministerpräsident Viktor Orbán erwartet, der sich bereit erklärt hatte, anlässlich der Eröffnung eine Rede zu halten.
Orban enttäuscht
Der Präsident des jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, forderte Orbán auf, die Führung im Kampf gegen Antisemitismus zu übernehmen: "Die ungarischen Juden, Herr Premierminister, brauchen ihre entschlossene Führung im Kampf gegen diese dunklen Kräfte. Sie brauche ihre Proaktivität und ihre klare Botschaft an die gesamte Bevölkerung, dass Intoleranz nicht toleriert wird."
Ministerpräsident Viktor Orbán versuchte, die Sorgen der jüdischen Gemeinde zu zerstreuen. Dabei griff er weit in die Geschichte Ungarns zurück, sprach über den Staatsgründer, den Heiligen Stefan und sagte schließlich: "Aus moralischer Verpflichtung heraus haben wir Null-Toleranz gegenüber dem Antisemitismus verkündet. Antisemitismus ist inakzeptabel und nicht zu tolerieren."
Doch Orbán blieb allgemein. Auf aktuelle antisemitische Zwischenfälle in Ungarn oder auf die Hetze der rechtsradikalen Partei Jobbik ging er nicht ein. Orbán nannte auch keine Maßnahmen, wie er den wachsenden Antisemitismus im Land einzudämmen gedenkt. Der jüdische Weltkongress hat sich daher enttäuscht über Orbáns Rede gezeigt.