Schattenbanken gefährden Chinas Finanzsystem

Immer öfter warnen Finanzexperten vor einer möglichen Schuldenkrise in China. Auf den ersten Blick erscheint dies unwahrscheinlich, weil die Staatsschulden relativ gering sind. Aber die Kommunen sind hoch verschuldet, ebenso viele Unternehmen. Ein undurchsichtiges System an Schattenbanken könnte Chinas Finanzsystem langfristig gefährden.

Morgenjournal, 11.5.2013

Angst vor platzenden Blasen

Der Begriff der Blase ist in aller Munde. Analysten und Finanzexperten sprechen von Chinas Immobilienblase, von der Kreditblase, der Bankenblase. Und das seit Jahren. Obwohl immer wieder vorhergesagt - geplatzt sind alle diese Blasen nicht. Zumindest nicht im großen Stil, in Einzelfällen hingegen schon. Ein alarmierendes Beispiel ist die Millionenstadt Wenzhou, eine Hochburg des privaten Unternehmertums an der Küste südlich von Shanghai. Viele der Unternehmer sind dort vom informellen Schattenkreditmarkt abhängig. Weil sie beträchtlich verschuldet sind, aber auch weil die großen Banken in China anstatt Privatunternehmern lieber den riesigen Staatskonzernen Geld leihen. Als 2012 aufgrund der Flaute im Westen die Exporte der Firmen in Wenzhou einbrachen, platzte die Blase im lokalen Kreditmarkt tatsächlich. Eine Pleitewelle war die Folge, bei Unternehmen ebenso wie bei den Schattenbanken. Die Regierung musste zur Hilfe eilen. Die Angst wächst, dass sich das Chaos von Wenzhou in anderen Millionenstädten wiederholen könnte.

Undurchsichtiger Kreditmarkt

Die Ratingagentur Fitch hat erst jüngst vor den Gefahren des undurchsichtigen Banken- und Finanzsektors in China gewarnt. Knapp 3 Billionen Euro haben Schattenbanken, illegale Kredithaie und Privatinvestoren nach Schätzungen derzeit verliehen. Das entspricht rund und einem Drittel aller offiziellen Kredite oder gut 40 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung Chinas. Tendenz: stark steigend. Bis hierher sind sich die Analysten einig, doch bei der Bewertung dieser Zahlen gehen die Meinungen auseinander. Ein Großteil dieser Kredite sei riskant, sagen die einen. Stimmt nicht, heißt es bei der Ratingagentur Standard and Poor's in Hong Kong, wo man die Zahl der riskanten Schattenkredite mit maximal 30 Prozent angibt, was trotz allem noch ziemlich hoch erscheint. "Die Größe des inoffiziellen Kreditmarktes und der Anteil der riskanten Kredite sind derzeit noch überschaubar. Aber wenn dieser Markt unkontrolliert weiter wächst, dann steigt das Risiko rasant an", sagt Ryan Tsang, Managing Director bei Standard and Poor's in Hong Kong. Es sei deshalb wichtig, diesen Markt zu regulieren, aber weiter wachsen zu lassen, dies könne dann sogar Vorteile für Chinas Finanzmarkt bringen, so Tsang.

Der Grund: der chinesische Staat hat direkten Zugriff auf die Banken, die wiederum hauptsächlich an Staatsunternehmen leihen. Und so müssen sich private Unternehmer bisher Kredite auf dem Schwarzmarkt oft zu ungünstigen Konditionen nehmen, obwohl sie es sind, die die meisten Jobs schaffen und die Dynamik von Chinas Wirtschaft ausmachen. Chinas neue Führer haben Reformen versprochen, wollen private Unternehmer stützen. Widerstand darf erwartet werden: schließlich verdienen viele in der Kommunistischen Partei am System des roten Staatskapitalismus bestens mit.