Umstrittene Neuregelung für EU-Luftraum
Fluglotsen streiken europaweit gegen die geplante Vereinheitlichung des Europäischen Luftraums unter dem Titel "Single European Sky". Die Fluglotsen befürchten massiven Jobbau. Durch die Vereinfachung sollen die Flugrouten direkter und kürzer werden, das soll Passagieren und Fluglinien Geld sparen und nebenbei auch noch zum Klimaschutz beitragen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 12.6.2013
Unnötige Spritkosten
Der Himmel über Europa ist ein Fleckerlteppich. Die Flugrouten orientieren sich nicht am schnellsten Weg, sondern an Landesgrenzen, es gibt hunderte Kontrollstellen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten, und das erschwert den effizienten und zeitsparenden Flugbetrieb. Für Passagiere wird das zum Beispiel dann ärgerlich, wenn das Flugzeug, in dem man sitzt, vor der Landung in die Warteschleife muss und man den Anschlussflug verpasst. Wenn Flugzeuge Umwege fliegen müssen, brauchen sie aber auch mehr Sprit, das schadet nicht nur dem Klima, sondern ist auch ein Problem für Fluggesellschaften, denn Kerosin macht durchschnittlich ein Drittel der Gesamtkosten einer Airline aus. Laut EU-Kommission entstehen den europäischen Fluglinien durch die ineffizienten Flugrouten Mehrkosten von fünf Milliarden Euro pro Jahr, und diese Kosten werden, zum Beispiel in Form höherer Ticketpreise, an die Kunden weitergegeben.
Nationale Interessen
All diese Probleme soll der Single European Sky lösen - der Himmel über Europa wird in neun länderübergreifende Blöcke aufgeteilt, zum österreichischen Block gehören unter anderem auch Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Derzeit gibt es noch 35 solche Luftraumblöcke. Durch die Vereinfachung sollen die Flugrouten direkter und kürzer werden, das soll Passagieren und Fluglinien Geld sparen und nebenbei auch noch zum Klimaschutz beitragen. Allerdings: Das Projekt Single European Sky verfolgt die EU-Kommission schon seit den 1990er Jahren, vollständig umgesetzt ist es noch immer nicht, auch wenn schon einzelne neue Routenführungen im Probebetrieb sind. Es scheitert zum Teil an nationalen Interessen der Mitgliedsstaaten, viele Länder weigern sich, die Hoheit über ihre Lufträume aufzugeben und an Brüssel zu übertragen. Deshalb will die EU-Kommission nun den Druck erhöhen, Verkehrskommissar Siim Kallas hat gestern Vertragsverletzungsverfahren für Mitgliedsstaaten angekündigt, die bei der Umsetzung von Single European Sky säumig sind.
Angst um Jobs
Aber auch die Gewerkschaften der Fluglotsen wehren sich gegen die Pläne der EU: Die Lotsen befürchten unter anderem, dass Arbeitsplätze verloren gehen, wenn Flugsicherungsaufgaben und Lufträume zusammengelegt werden. Derzeit streiken die Fluglotsen in Frankreich, mehrere Flüge auch von AUA und Lufthansa sind deshalb ausgefallen. Gewerkschaftsaktionen werden auch in anderen Staaten vorbereitet, etwa Italien und Belgien, in Österreich bleibt es vorerst bei Betriebsversammlungen, die aber den Flugbetrieb nicht stören sollen, heißt es vom Betriebsrat der Austro Control.