Prager Großrazzia gibt Rätsel auf

Nach der Großrazzia und den Festnahmen in Prag herrscht jetzt großes Rätselraten über die Zukunft der Koalition in Prag. Rätselraten gibt es nach wie vor auch über die Hintergründe der Polizeiaktion.

Mittagsjournal, 14.6.2013

Aus Prag,

Warten auf Erklärungen

Wie geht es jetzt politisch weiter in Tschechien nach der gestrigen Großrazzia, die bis in die Regierung reichte? Das fragen sich nicht nur die Bürger, sondern wohl auch die Politiker in Tschechien: Die Sozialdemokraten finden, dass Ministerpräsident Petr Necas reif für den Rücktritt sei und wollen ein Misstrauensvotum gegen ihn einbringen. Die Koalitionspartner decken ihn noch - wenn auch hauptsächlich schweigend. Bei Präsident Zeman gibt es heute einen regelrechten Besucherreigen. Und das alles, ohne dass man bisher weiß, was eigentlich los ist. Von der Staatsanwaltschaft hat es am Vormittag eine Erklärung gegeben - aber die war recht kryptisch.

Eineinhalb Jahre Ermittlungen

Auf Ivo Istvan wartet das ganze Land schon einen Tag. Aber der Staatsanwalt von Olmütz macht heute nur eines offiziell: Es gibt sieben Verdächtige. Was genau ihnen vorgeworfen wird, verrät er nicht, denn er wolle nicht, dass es die Betroffenen aus den Medien erfahren. Informationen über die Ermittlungen werde es schrittweise geben, so der Staatsanwalt. So erfährt man heute nur, dass die Ermittlungen gegen eine Gruppe von Personen und Klientelwirtschaft, wie es heißt, schon seit Anfang 2012 geführt werden. Mehr gibt es offiziell nicht.

Großer Politskandal

Und es sieht wirklich danach aus, als ginge es hier um mehr als einen Fall und ein Netz, das sich zwischen ehemaligen und derzeitigen Mitarbeitern der Regierungspartei ODS und zwei Lobbyisten gesponnen hat. Im Büro von einem wurden angeblich ganze drei Autos voll Material mitgenommen – und bei ihm kam auch österreichische Polizeihilfe zum Einsatz. Der zweite, um den es geht, hatte enge Beziehungen zum ehemaligen Prager Bürgermeister Bem, und er wurde abgehört. Nicht die einzige Pikanterie: Der Anwalt eines der Beschuldigten erklärt gegenüber Medien, die Kabinettschefin von Necas hätte den militärischen Nachrichtendienst gebeten, die Ehefrau von Necas zu überwachen. Dass sich Scheidungsgerüchte um den Premier und seine Frau ranken und das Gerücht, Necas stehe seiner Kabinettschefin besonders nahe, mag dabei zur Illustration dienen.

Egal, was die Untersuchungen ergeben, Petr Necas wird es schwer fallen, sich von diesem Skandal zu distanzieren. Seine Koalitonspartner warten noch ab, aber Karolina Peake, Chefin der Koalitionspartei LIDEM und Vizepremier sagt auch, dass man es hier mit fatalen Folgen in einem großen politischen Skandal zu tun haben könnte.