SPD in der Krise

Der Wahlkampf für die deutsche Bundestagswahl im September nähert sich dem Endspurt. Die SPD, die mit dem früheren Finanzminister Peer Steinbrück den wichtigsten Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel stellt, wollte in einem sogenannten Parteikonvent Geschlossenheit zeigen, stattdessen wurden eher parteiinterne Bruchlinien offenbar.

Mittagsjournal, 17.6.2013

Wachsende Nervosität in der SPD

Eine Veranstaltung, die der Partei und ihren im Wahlkampf engagierten Funktionären Mut machen soll, das hätte der kleine SPD- Parteitag an diesem Wochenende werden sollen. Stattdessen wurde daraus eine ziemlich unverhüllte Zurschaustellung all dessen, was die Partei zurzeit quält. Sie kommt in den Umfragen nicht über höchstens 30 Prozent Wählerzuspruch hinaus, mit ihrem Wunschpartner, den Grünen, könnte sie damit ganz sicher keine Regierung bilden. Und die wachsende Nervosität hat das Spitzenpersonal der Partei voll erfasst. Öffentlich rügt der Spitzenkandidat den Parteichef. Peer Steinbrück, der SPD- Mann, der mit rot- grün Bundeskanzler werden will, weist seien Parteichef Sigmar Gabriel zurecht, der Spiegel zitiert Steinbrück mit den Worten, alle, auch der Parteivorsitzende, müssten sich jetzt konstruktiv und loyal hinter die SPD- Kampagne stellen.

"Mein Mann ist nicht zweite Wahl"

Hinter den vergifteten Worten stecken laufende Meinungsverschiedenheiten zwischen Gabriel und Steinbrück, ob es um ein Tempolimit auf Autobahnen oder die Euro-Rettung geht, immer wieder schimmert der Dissens durch, auch wenn Sigmar Gabriel versucht, dessen Ausmaß herunterzuspielen: "Ja, nicht nur die private, auch die politische Ehe von Peer und mir existiert. Sie ist ziemlich lebendig, wie ich euch sagen darf. Sie ist meistens fröhlich, aber gelegentlich gibt es eben auch Reibungen, wie in einer richtigen Ehe. Aber ich sage euch, Reibung erzeugt Wärme."

Wie groß der Druck ist, der auf den in Bedrängnis geratenen Wahlkämpfern lastet, wird wenig später offenbar. Da schüttet Gertrud Steinrück, die Frau des SPD- Spitzenkandidaten, ihr Herz aus über ihren, wie sie meint, von Medien und Gegnern zu Unrecht verfolgten Mann: "Ich halte es nicht aus wenn ich sehe, dass eigentlich nur das herausgefiltert werden soll aus ihm, was negative Gefühle auslöst. Er soll als hart, als kantig, als unwirsch, ja zweite Wahl dargestellt werden und es wird immer geguckt, wo können wir ihn erwischen."

Steinbrück weint

Die Moderatorin wendet sich an den gegenübersitzenden Peer Steinbrück: "Was ist es, wofür sie kämpfen oder warum sie es tun?"

Steinbrück ringt mit der Fassung, Tränen schießen in die Augen, seine Hand beginnt zu zittern, schließlich winkt er ab, die Parteitagsdelegierten retten ihm mit stehendem Applaus. Eine menschlich berührende Szene, aber eine, die gerade Steinbrück nicht unbedingt gut ansteht. Denn gar mancher in seiner Partei wird sich daran erinnern, dass er parteiinterne Gegner der Reformpolitik einmal als Heulsusen bezeichnet hatte, da täte man gut daran, nicht dem selbstgeprägten Klischee nicht auch noch zu entsprechen.