ÖVP und soziale Gerechtigkeit
Das Thema soziale Gerechtigkeit steht nicht nur im Mittelpunkt des morgen in Wien beginnenden ÖGB-Bundeskongresses, es dominiert auch den Nationalratswahlkampf - dafür sorgt die Sozialdemokratie. Denn mit dem Thema Gerechtigkeit hat die SPÖ eine absolute Trumpf-Karte in der Hand, die für die politischen Mitbewerber sehr schwer zu schlagen ist. Die ÖVP müht sich redlich, aber - wie ihr auch Wahlforscher bestätigen - mit bisher nicht wirklich durchschlagendem Erfolg.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 17.6.2013
SPÖ und ÖGB fordern Vermögen- und Erbschaftssteuer
Der ÖGB trommelt soziale Gerechtigkeit. Die Antworten der Gewerkschaft sind unter anderem eine Erbschafts- und Schenkungssteuer ab 150.000 Euro und eine Steuer auf Vermögen ab 700.000 Euro. Auch die SPÖ trommelt soziale Gerechtigkeit, gibt es aber etwas billiger als die Gewerkschaft und will nur Erbschaften über einer Million Euro besteuern und auch nur die Vermögen jenseits dieser Grenze. Es ist eine einfache und klare Botschaft, die auch breite gesellschaftliche Akzeptanz hat. Für die ÖVP sei das ein Problem, befindet der Wahlforscher Fritz Plasser: "Das zu ignorieren ist nicht möglich und keine Antworten zu geben heißt, dass man in der Defensive bleibt."
ÖVP beginnt Sozialschmarotzerdebatte
Dass die ÖVP am Wochenende Fehlentwicklungen bei der Mindestsicherung - besonders im rot-grünen Wien - angeprangert und damit eine neue Sozialschmarotzerdebatte anzuzetteln versucht hat, sei aber strategisch nicht die Lösung, meint Plasser. Die ÖVP agiere hier negativ, deute Missstände an, wichtig wären bei diesem starken Thema Gerechtigkeit aber positive Antworten, wie sie der politische Gegner mit den Millionärssteuern anbiete. Die Alternative wäre laut Plasser: "Zu versuchen beim Thema soziale Gerechtigkeit ein ähnliches, im Alltagsbewusstsein genauso relevantes Thema gegenüberzustellen."
Misslungener Versuch: "Spindelegger-Tausender"
So ein Versuch, das Thema zu wechseln, sei der Spindelegger-Tausender, also das Kostensenkungspaket, das die die ÖVP jetzt in einer Serie von Pressekonferenzen zu erklären versucht. Was bis jetzt noch nicht gelungen sei, wie Plasser festhält. Heute versuchten ÖAAB-Obfrau Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Wirtschaftsbundobmann Leitl bei einer gemeinsamen Pressekonferenz ihr Glück. Es ging um die von der ÖVP geforderte Senkung der Krankenversicherungsbeiträge möglichst schon ab 2014. Mikl-Leitner: "Dass wir die Krankenversicherungsbeiträge um 0.15 Prozent senken, das ist machbar."
Spagat zwischen ÖVP-Bünden
Den Einwand, dass das jedenfalls auf Kosten von zusätzlichen Leistungen der Krankenkassen wie Kostenersatz bei festsitzenden Zahnspangen gehe, hat ÖVP-Obmann Spindelegger ursprünglich noch vom Tisch gewischt. Mikl-Leitner sieht jetzt aber doch eine soziale Verantwortung und fordert: "Wenn eine Zahnspange medizinisch indiziert wird, dass diese Zahnspange auch bezahlt wird." Von heute auf morgen werde das zwar nicht gehen, räumt die ÖAAB-Chefin ein. Mikl-Leitner: "Ist aber in Diskussion bereits seit vier Jahren und ich glaube es ist an der Zeit, dass das in der nächsten Periode schaffbar ist."
Die ÖVP setzt also wieder einmal zum Spagat zwischen ihren Bünden an. Senkung der Beiträge und Ausbau der Leistungen. Wie das gehen soll, bleibt offen. Klare Wahlkampfbotschaften sehen anders aus.