Brasilien: Aufstand der Mittelklasse

In Brasilien sind erneut zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen Korruption, Misswirtschaft und die Kosten der Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr zu protestieren. Das Zentrum ist Sao Paulo, wo die landesweite Protestwelle vor knapp zwei Wochen nach einer Erhöhung der Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr begonnen hatte. Auf die Straße gehen vorrangig Studenten und Menschen aus der Mittelklasse.

Morgenjournal, 19.6.2013

Kein Protest der Armen

In der Nacht gingen wieder viele Menschen auf die Straße – die meisten in der Metropole Sao Paulo, nämlich an die 100.000 Menschen. Der Prachtboulevard Avenida Paulista war komplett blockiert, einige Randalierer plünderten Geschäfte und zündeten einen Fernsehübertragungswagen an. Es wurde niemand verletzt, die Polizei hielt sich auffallend zurück.

Die Demonstranten sind gemessen an der Gesamtbevölkerung gar nicht so viele. Am großen Protesttag, am Montag, waren es maximal 250.000 Leute, Brasilien hat aber 190 Millionen Einwohner. Diejenigen, die auf die Straßen gehen sind zum einen junge Leute, die sich über die sozialen Netzwerke organisieren. Zum anderen ist es ein Protest der Mittelklasse, nicht der Menschen aus den Favelas. Die Menschen protestieren vor allem gegen die allgegenwärtige Korruption, die stark gestiegenen Lebenserhaltungskosten und die erhöhten Preise im Nahverkehr.

Gefahr für die Weltmeisterschaft?

Ob die Proteste anhalten, wird vor allem auch davon abhängen, wie die brasilianische Regierung reagiert. Die brasilianische Staatschefin ist bereits nach Sao Paulo gereist, um mit dem Bürgermeister zu sprechen – angeblich ging es dabei um eine Verringerung der Fahrpreise für Busse, U-Bahn und Eisenbahn. Auch in einigen Städten haben die Stadtverwaltungen günstigere Fahrpreise angekündigt.

Die Protestwelle ist auch eine neue Herausforderung, was die Austragung der Fußball-WM im kommenden Jahr angeht. Zunehmend orientieren sich die Proteste am Spielplan des Confederations Cups, der in Brasilien derzeit als Generalprobe für die WM ausgetragen wird. Morgen etwa soll es in Rio de Janeiro beim Spiel zwischen Spanien und Tahiti rund um das Stadion eine Kundgebung geben – geplant ist, das Stadion zu blockieren, damit die Fans nicht zum Match kommen können. Die Sicherheitskräfte sind in Alarmbereitschaft.