EU-Parlament zu USA: Empört, aber uneins
Empörung über die Abhöraffäre herrscht auch im Europaparlament. Die Europaparlamentarier fordern vor allem schnelle Aufklärung und wollen sich morgen in Straßburg mit dem Thema befassen. Die Beziehungen zu den USA scheinen jedenfalls getrübt. Wie man darauf reagieren soll, da ist man sich allerdings uneins.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 2.7.2013
Verhandlungsstopp?
Es ist Vertrauensbruch unter Freunden. Da herrscht unter den Europaparlamentariern in Straßburg weitgehende Einigkeit. Millionenfach Daten europäischer Bürger abgezapft und auch die EU-Institutionen selbst abgehört, darunter angeblich auch Einrichtungen des Europäischen Parlaments - "absolut unakzeptabel", wie EU-Parlamentspräsident Martin Schulz betont.
Aufklärung tut Not, hört man fraktionsübergreifend in Straßburg. Nächste Woche sollten die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA beginnen. Doch unter diesen Bedingungen nicht, fordert der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer. Denn Europäische Datenschutzstandards müssten von vornherein akzeptiert werden. "Bevor wir nicht wissen, was da los ist, sollten wir die Verhandlungen auf Eis legen." Eine Forderung, die auch die Grünen unterstützen.
Datenschutz als "Druckmittel"?
Doch vom Freihandelsabkommen, das die EU-Kommission als billigstes Konjunkturprogramm der Geschichte propagiert, erwartet sich die schwächelnde Wirtschaft Europas einen Wachstumsschub. Vom Aussetzen des Verhandlungsstarts will der deutsche CSU-Abgeordnete Manfred Weber nichts wissen, der "gemeinsame strategische Interesse" betont. Es will das Datenschutzrecht als "Druckmöglichkeit" gegen die Amerikaner einsetzen.
"Benehmen uns wie Polit-Zwerg"
Der Datenschutz ist eines der größten Projekte, die derzeit im EU-Parlament verhandelt werden. Und das Auffliegen des Überwachungsprogramms Prism, mit dem die Geheimdienste Daten der großen Internetfirmen absaugen, hat die Notwendigkeit einer Regelung erneut vor Augen geführt. Doch zum geplanten Datenschutzpaket liegen im EU-Parlament mehrere tausend Abänderungsanträge. Vor allem US-Lobbyisten zeigen größtes Interesse, sagen Parlamentarier, die an der Materie arbeiten. Und bei der vor Wochen verlangten Aufklärung über Prism wartet die EU noch immer auf Antwort. Eine angekündigte gemeinsame Arbeitsgruppe hat bisher noch nicht getagt. Um europäische Vorschriften kümmerten sich die USA wenig, sagt die liberale niederländische Abgeordnete Sophie In't Veld. Und man könne es nicht hinnehmen, dass die USA ihre Gesetze in Europa gelten lassen wollen. "Das geht einfach nicht, das würden wir auch nicht von den Chinesen oder den Russen hinnehmen. Wir haben 500 Millionen Bürger. Wir sind groß und kräftig, aber wir benehmen uns wie ein politischer Zwerg."
Schon macht in Straßburg die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss die Runde. Der könnte allerdings niemanden zwingen einer Vorladung zu folgen, heißt es im selben Atemzug. Doch das Gebot der Stunde sei Aufklärung. Immerhin: US-Präsident Barack Obama hat die ja in Aussicht gestellt.