NSA-Skandal: Deutscher Innenminister in USA

Die Vorwürfe rund um heftige amerikanische Spionagetätigkeit in Deutschland haben jetzt eine Nachspiel auf Regierungsebene. Heute bricht der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich zu einer Reise in die USA auf, um Aufklärung über das Ausmaß der Ausspähung zu erhalten. Dem Geheimdienst-Überläufer Edward Snowden zufolge wird kein anderes europäisches Land von den US- Geheimdiensten so intensiv ins Visier genommen wie Deutschland.

Morgenjournal, 11.7.2013

Aus Berlin berichtet ORF-Korrespondent

Sorgen Deutschlands "ernst nehmen"

Das Vorauskommando ist schon in Washington. Sechs Spitzenbeamte aus den deutschen Ministerien für Inneres und Justiz, dem Bundesnachrichtendienst und dem Verfassungsschutz sind schon eifrig im Gespräch mit ihren amerikanischen Amtskollegen. Heute reist der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich nach. Er wird den US-Justizminister Eric Holder treffen, dazu die für innere Sicherheit zuständige Präsidentenberaterin Lisa Monaco, und dann höchstwahrscheinlich auch die Spitzenleute der großen Geheimdienste.

Der Innenminister ist bemüht, Kampfgeist zu zeigen: "Ich werde den Amerikanern dringend raten, unsere Sorgen ernst zu nehmen." Aber es werden trotz allem Gespräche mit doppeltem Boden sein. Keine Seite wird der anderen alles über ihre Tricks und Methoden verraten. Beide Seiten wissen, dass es auch darum geht, in den Augen einer skeptisch gewordene Öffentlichkeit nicht noch schlechter dazustehen als es ohnehin schon der Fall ist.

Noch einige Fragen sind zu klären

Seit der Ex-Geheimdienstler Edward Snowden ausgepackt hat, scheint alles möglich zu sein. US-Schnüffelaktionen bis hinein ins Berliner Kanzleramt und die EU-Kommission in Brüssel. Das müsse aufhören, fordern die Europäer. Aber allzu konkrete Schritte dürften sie nicht im Auge haben. So gilt etwa in Deutschland der Grundsatz, dass niemand von Abhöraktionen gegen seine Person informiert werden muss, auch nicht im Nachhinein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kommentiert die regierungsamtliche Nachfrage in Washington nur kurz, es gebe "noch einige Fragen zu klären".
In einem Interview mit der Zeit beteuert Merkel, sie hätte erst durch aktuelle Medienberichte vom Ausmaß der Spähvorwürfe erfahren - und lobt dennoch die Amerikaner als allzeit treue Verbündete. Der gefürchtete Satz "Wir können Freunde bleiben" erwacht hier als Leitmotiv zu neuer Vitalität.