Chinas Wirtschaft verliert an Dampf

Zwischen April und Juni ist die chinesische Wirtschaftsleistung "nur" noch um siebeneinhalb Prozent gestiegen. Eine Zahl, von der man in Europa oder den USA nur träumen kann. Nicht jedoch China, das heuer dem niedrigsten Wachstum seit mehr als 20 Jahren entgegen steuert.

Morgenjournal, 15.7.2013

Exporte gehen zurück

Die großen Pessimisten haben nicht Recht behalten. Chinas Wirtschaft bleibt einigermaßen robust. Doch ist ein Wachstum von 7,5 Prozent im erfolgsverwöhnten China kein Grund zum Feiern. Vor allem auch deshalb nicht, weil die Wirtschaftsleistung bis zum Jahresende noch weiter nachgeben dürfte und das offizielle Wachstumsziel von 7,5 Prozent über das Jahr gerechnet nur schwer erreichbar scheint. Und so gehen Ökonomen davon aus, das China heuer so langsam wachsen wird wie seit 23 Jahren nicht mehr. Dazu kommt, dass vor allem die Exportindustrie mit großen Problemen zu kämpfen hat. Weil der Wert von Chinas Währung im Aufwind ist, weil die wichtigen Exportmärkte in Europa und den USA schwächeln, haben sich die Lager in China gefüllt. Exportunternehmen kämpfen mittlerweile mit massiven Überkapazitäten. Die Ausfuhren gingen im Juni im Jahresvergleich um mehr als drei Prozent zurück. Bei Exporten nach Europa und den USA ist der Rückgang noch deutlich höher. "Die Exporte gehen weiter zurück. Die Aussichten für Chinas Außenhandel sind düster. Unsere Exportindustrie kämpft mit massiven Herausforderungen", gibt der Sprecher der Zollbehörde ungewöhnlich offen zu.

Abkehr vom kompromisslosen Turbowachstum

Trotzdem lassen Chinas Führer derzeit keine Absicht erkennen, mit einem neuen Stimuluspaket die Wirtschaft anzukurbeln. Im Gegenteil, jüngst hat die Nationalbank den Geldhahn für viele Finanzinstitute etwas zugedreht, um sie zu zwingen, bei der Vergabe von Krediten vorsichtiger zu sein. Qualität statt Quantität lautet die Devise von Premierminister Li Keqiang. Eine Abkehr vom kompromisslosen Turbowachstum, weniger Abhängigkeit von Exporten und massiven Investitionen. Stattdessen sollen Konsum und Innovationen das Wirtschaftswachstum in China langfristig absichern. Doch Reformen tun weh, weniger Wachstum bedeutet auch Firmenpleiten und den Verlust von Arbeitsplätzen. Und so bleibt unklar, ob Chinas Führer dem Versuch, mit einem massiven Investitionsprogramm das Wachstum neuerlich zu stützen, auf Dauer widerstehen können. Fest steht eines: Mit den oft zweistelligen Wachstumsraten in den vergangen 20 Jahren ist es in China vorbei.