Vorzugsstimmen: Frauen benachteiligt

Die Nationalratswahl bringt eine Premiere, erstmals können für die Kandidatinnen und Kandidaten der Bundesparteien österreichweit Vorzugsstimmen vergeben werden. Allerdings könnte sich diese Neuerung auf ein anderes Ansinnen negativ auswirken, dem Bemühen, dass mehr Frauen im Nationalrat vertreten sind, durch eine Frauenquote. Denn das Persönlichkeitswahlrecht bevorzugt Männer, das zeigt sich bei internationalen Beispielen.

Mann und Frau

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Morgenjournal, 18.7.2013

Bei der kommenden Nationalratswahl können erstmals Vorzugsstimmen österreichweit vergeben werden - das heißt: Kandidaten, die von ihrer Partei auf die Bundesliste gesetzt werden, können österreichweit mit einer Vorzugsstimme unterstützt werden und müssen auf der Parteienliste vorgereiht werden, wenn sie mehr als sieben Prozent der gültigen Stimmen ihrer Partei erreichen. Diese Änderung im Wahlsystem bringt einer Gruppe, die seit vielen Jahren um größere politische Mitbestimmung kämpft, nichts: den Frauen - denn auf den Bundeslisten der meisten Parteien hat das Verhältnis der Geschlechter noch immer nicht das erreicht, was die Grünen mit dem Reißverschlusssystem fordern. Auch an internationalen Beispielen zeigt sich, dass das Persönlichkeitswahlrecht die Männer bevorzugt.

Mehrheitswahlrecht bevorzugt Männer

Eine mögliche Direktwahl benachteiligt Frauen, sie haben oft gegenüber männlichen Mitbewerbern das Nachsehen, sagt Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus.

In Österreich gibt es zwar noch keine klaren Belege aber deutliche Hinweise. Bisher haben nur Männer Vorreihungen erzielt: Cap, Bruckmann, Karas, Van der Bellen. Das sei aber nicht repräsentativ.

In anderen Europäischen Ländern kann aber festgestellt werden, dass Frauen deutlich weniger Vorzugstimmen bekommen als Männer. In Frankreich etwa gebe es ein Mehrheitswahlsystem bei nationalen Wahlen; hier liege die Frauenquote bei 20 Prozent. Bei der Europawahl gebe es aber ein Proportionalwahlsystem und hier liege die Quote bei 50 Prozent. Männern werde bei Persönlichkeitswahlen vor allem im ländlichen Bereich der Vorzug gegeben, sagt Zögernitz. Einen ähnlichen Trend gebe es auch in England. Auf nationaler Ebene gebe es ein Mehrheitswahlsystem, auf Europaebene ein Proportionalwahlsystem. Auch hier zeige sich der Unterschied, er sei aber nicht so krass wie in Frankreich.

Parteien fördern System

Dass Frauen weniger bevorzugt werden, sei aber nicht nur auf das Wahlverhalten zurückzuführen, sondern die Parteien selbst tragen dazu bei. Sie werden auf wenig aussichtsreiche Plätze gereiht.

Deshalb sei notwendig, so Werner Zögernitz, dass die Kandidatenlisten frauenfreundlich erstellt werden. Männer bekommen eher Vorzugsstimmen als Frauen. Deshalb sei es wichtig, dass auf den Listen Frauen bevorzugt werden, um das auszugleichen, sagt Zögernitz.