Gedenkdiener in Geldnöten

Wenn es um das Erinnern und Gedenken an die Verbrechen der Nationalsozialisten geht, schmückt sich die Republik gerne mit der Einrichtung der Gedenkdiener. Wenn es um die finanzielle Ausstattung dieser Vereine geht, zeigt sich aber ein gegenteiliges Bild: Die Förderungen wurden weiter gekürzt. Jetzt schlagen die Gedenkdiener Alarm.

Morgenjournal, 3.8.2013

Förderung gekürzt

Gedenkdiener sind junge Männern, die diese Form des Zivilersatzdienstes gewählt haben und ein Jahr lang im In- oder Ausland ihren Dienst an Holocaust-Gedenkstätten oder in Einrichtungen ableisten, die noch lebende Opfer der Nazi-Verfolgung betreuen. Doch nun "geht es einfach nicht mehr zusammen", sagt Adalbert Wagner, der Obmann des Vereins Gedenkdienst. Das ist einer von drei Vereinen, die jährlich 50 bis 60 Gedenkdiener in Einrichtungen von Tel Aviv bis New York schicken. Die Förderung pro Kopf wurde für das Jahr 2013/14 von 10.000 Euro auf 8.700 Euro gekürzt. Zieht man davon noch die rund 1.000 Euro ASVG-Beitrag fürs Jahr ab, bleiben einem Gedenkdiener beispielsweise in Jerusalem rund 650 € pro Monat zum Leben - also für Wohnen und Essen.

Nur für Reiche erschwinglich

Durch die Kürzungen sei der Gendenkdienst immer mehr zu einem "gesellschaftlichen Elitenprojekt" geworden, sagt Adalbert Wagner vom Verein Gedenkdienst. Die Entlohnung liege 200 Euro unter der österreichischen Mindestsicherung. Die Gedenkdiener sind also auf Unterstützung ihrer Familien angewiesen. Sozial schwache Familien werden damit vom Gedenkdienst praktisch ausgeschlossen - sicher nicht im Sinne des Erfinders Andreas Maislinger. Der Innsbrucker Politikwissenschaftler und wissenschaftliche Leiter der Braunauer Zeitgeschichte-Tage hat sich seit dem Ende der 1970er-Jahre für die gesetzliche Verankerung dieser Art des Militärersatzdienstes eingesetzt. Inzwischen handelt es sich um ein weltweit anerkanntes Projekt und Maislinger selbst wurde erst vor wenigen Tagen mit dem Karl-Renner-Preis der Stadt Wien ausgezeichnet.

Verpflichtung zum Betteln

Die schlechte finanzielle Ausstattung führt etwa beim Verein Gedenkdienst dazu, dass angehende Gedenkdiener folgende Klausel im Vertrag unterschreiben müssen: "Der Gedenkdienstleistende verpflichtet sich zu Fundraising zwecks Deckung der administrativen Kosten des Vereins. Den die Summe 1.200 Euro überschreitenden Betrag zahlt der Verein dem Gedenkdienstleistenden aus, den die Summe unterschreitenden Beitrag leistet der Gedenkdienstleistende dem Verein." Das heißt nichts anderes, als dass Bettelbriefe an private und öffentliche Einrichtungen verfasst werden müssen. Daher die Forderung des Vereins: Die Kürzungen müssen zurückgenommen und die Fördersumme an die Inflation angepasst werden.

Außerdem wollen die Gedenkdiener eine Änderung bei der Auszahlung der Fördermittel. Zur Zeit vergibt die Gelder eine Art Dach-Verein, der dem Innenministerium vorgelagert ist. Das sei intransparent, kritisiert Adalbert Wagner vom Verein Gedenkdienst. So unterliege dieser private Verein keinen parlamentarischen Anfragen zur Abwicklung von Förderungen. Damit sei nicht überprüfbar, wie Förderungen an Vereine ausgeschüttet werden, sagt Wagner und hofft auf die nächste Legislaturperiode.