Berlusconi erpresst Regierung

Seit Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs endgültig verurteilt worden ist, herrscht in der italienischen Regierung wieder Krisenstimmung: Jetzt droht er, die Koalition platzen zu lassen, wenn die Regierung nicht sofort die Steuer auf den Hauptwohnsitz streicht, die im nächsten Monat fällig wird. Wenn sie das aber macht, dann kann sie die Euro-Defizitkriterien nicht einhalten, die ihr die EU vorgeschrieben hat.

Morgenjournal, 13.8.2013

Berlusconis Wahlversprechen

Es ist die unbeliebteste aller Steuern: eine Art Vermögenssteuer, die alle trifft, die eine eigene Wohnung besitzen, und das sind fast 80 Prozent der Italiener. Und es ist eine Steuer, der man kaum entkommen kann. Die Regierung Monti hat sie eingeführt, um Italien vor zwei Jahren vor der Pleite zu retten. Berlusconi hat die sogenannte "IMU" daraufhin zum Feindbild erklärt und versprochen, sie ersatzlos zu streichen, wenn er die Wahlen gewinnt. Er hat sie nicht gewonnen, aber er ist dank dieses Versprechens von einer Ausgangsposition weit hinten die zweitstärkste Partei geworden.

Ausfall nicht verkraftbar

Derzeit ist die IMU ausgesetzt. Bis spätestens 31. August muss eine Entscheidung fallen, oder die nächsten Raten werden automatisch fällig. Berlusconi verlangt jetzt von der Regierung, in der seine Partei der Juniorpartner ist, sein Wahlversprechen sofort einzulösen - sonst bricht die Koalition, drohen seine Leute. Premier Letta verspricht eine Lösung und warnt: "Ohne Regierung ist die Steuer ab Herbst wieder zu zahlen. Ich erinnere nur daran."

Aber was Berlusconi fordert, kann sich der Finanzminister nicht leisten. Vier Milliarden Steuergeld würde er verlieren, Einnahmen, die er dringend braucht. Denn die Kassen sind leer und es ist ohnehin schwer, die Defizitgrenzen einzuhalten, die die EU von Italien verlangt. Gestern hat der Schuldenberg einen neuen Rekordstand erreicht: 2.075 Milliarden Euro - das sind über 130 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes, die höchste Verschuldung nach Griechenland.

Schon wieder Wahlkampf

Wenn die Wohnungssteuer gestrichen werden soll, dann muss vorher eine Alternative gefunden werden. Doch Silvio Berlusconi will nicht warten: Er verwendet die Steuerfrage, um die Regierung unter Druck zu setzen. Er will mit allen Mitteln verhindern, dass er nach seiner Verurteilung als Steuerbetrüger die politische Bühne verlassen muss - im Notfall erzwingt er Neuwahlen. Den Wahlkampf hat er schon begonnen. Es ist Ferragosto, die traditionelle Ferienwoche, in der alle, die es sich leisten können, die heißen Städte verlassen und ans Meer flüchten. Dort erwartet sie heuer eine Werbung der besonderen Art: kleine Propellerflugzeuge über den Stränden mit langen Spruchbändern. "Forza, Silvio" - steht auf ihnen geschrieben - oder: "Silvio, gib nicht auf". So wird schon Stimmung gemacht für den nächsten Wahlkampf und Berlusconi hofft, zu gewinnen, wenn er nur genügend Druck macht gegen die Wohnungssteuer.