Rom: Immobiliensteuer abgeschafft
Die italienische Koalitionsregierung hat gestern eine gefährliche Hürde für ihr Überleben überwunden. Der Streit um die Immobiliensteuer auf das Eigenheim ist beendet, die Steuer wird ab sofort abgeschafft. Silvio Berlusconis hatte gedroht, die Regierung zu stürzen, sollte die Koalition sein Wahlversprechen nicht einlösen. Mit einer Erpressung war der Cavaliere erfolgreich, die nächste steht bereits im Raum.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.8.2013
Berlusconi triumphiert: "Mission erfüllt"
Zu Wochenbeginn schien es noch, als stünde der Sturz der Regierung unmittelbar bevor: Die IMU - so nennt sich die Immobiliensteuer - wird komplett abgeschafft, oder die Koalition platzt, tönte es aus den Reihen der Rechten Berlusconis. Die Sozialdemokraten hatten mit ihrem Vorschlag, die Steuer sozial zu staffeln und für Reiche aufrecht zu halten keine Chance:
"Die Steuer muss nicht mehr gezahlt werden und es wird an ihrer Stelle keinen neuen Steuern geben", - verkündete Premier Letta schließlich gestern Abend.
Service-Steuer statt Immobiliensteuer
4 Milliarden Euro kostet die IMU das Budget. Geld, das das Krisenland Italien nicht hat, will es die von der EU verlangte Defizitgrenze einhalten. Letta blieb vage, wo Ersatz für die IMU-Einnahmen herkommen soll. Einen Großteil wird eine andere Steuer übernehmen: Die Gemeinden, denen die IMU bisher zugeflossen ist, werden ab kommendem Jahr auf eigene Faust eine Service-Steuer von den Bürgern einheben.
Kritik von Ex-Regierungschef Mario Monti
Geschätzte 80 Prozent der Italiener sind Häusl- oder Wohnungsbesitzer. Berlusconi hatte mit dem Versprechen, die unpopuläre IMU abzuschaffen, im Wahlkampf enorm aufgeholt und die Wahl beinahe gewonnen. Die Expertenregierung von Mario Monti hatte die Steuer eingeführt, um Italien vor der Pleite zu retten. "Den Bürger freut es natürlich, wenn Steuern abgeschafft werden. Aber Italien braucht Steuererleichterungen viel dringender dort, wo es Wettbewerb, Wachstum und Arbeitsplätzen nützt.", kritisiert Monti heute.
Nächste Erpressung schon geplant
Berlusconis Partei triumphiert. "Mission erfüllt" verkündet Vizepremier Alfano via Twitter. "Die Regierung hat kein Ablaufdatum mehr", kann Premier Letta wenigstens aufatmen - aber so sicher ist das nicht.
Der nächste gefährliche Termin steht vor der Tür. Es geht um Berlusconis Parlamentsmandat. Laut Gesetz muss der Senat ihn als rechtskräftig verurteilten Steuerbetrüger aus seinen Reihen ausschließen. In 10 Tagen startet der zuständige Senatsausschuss das Prozedere. Und Berlusconi und die Seinen erpressen auch hier und drohen mit Koalitionsbruch. Sie verlangen, dass der Senat das zugrundeliegende Gesetz in Frage stellt und den Verfassungsgerichtshof mit einer Prüfung beauftragt - mindestens ein Jahr wäre damit gewonnen. Berlusconi geht in seiner Überzeugung, ein politisch Verfolgter zu sein, aber noch weiter: Seine Anwälte planen eine Beschwerde beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.