Machtkampf Russland gegen Weißrussland

Die jüngste Eskalation im Streit zwischen Russland und Weißrussland wird über den Export von Düngemitteln und Erdöllieferungen ausgetragen. Auch Verhaftungen und internationale Fahndungen sind mit im Spiel. Der Machtkampf zwischen dem russischen Präsidenten Putin und Weißrusslands Diktator Lukaschenko ist voll im Gang.

Mittagsjournal, 3.9.2013

Wenn es nach Vladimir Putin ginge, wäre neben anderen Männern, die er in die Versenkung schicken will, einer am besten auch schon in Pension: Alexander Lukaschenko. Sein Weißrussland wollte Putin ja schon eingliedern. Der letzte Diktator Europas hat also auch in Russland nicht unbedingt einen Freund. Jetzt werden die diplomatischen Querelen aber anhand von Düngemittel-Exporten ausgetragen. Nachdem die weißrussischen Behörden vor einer Woche den Chef eines russischen Düngemittelherstellers verhaftet haben, schreiben sie jetzt einen zweiten Oligarchen zur internationalen Fahndung aus. Russland reagiert prompt und drosselt die Erdöllieferungen nach Weißrussland und den Import von Schweinefleisch. Dass es in diesem Wirtschaftsstreit vor allem um Macht geht

Internationale Fahndung läuft

Er ist einer der einflussreichsten Geschäftsleute in Russland mit gutem Draht zum Kreml: der Oligarch Suleiman Kerimow. Reisen wird er vorläufig aber nur mehr im Inland, lässt er ausrichten. Der Grund: Weißrussland hat einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erlassen, wegen organisierten Amts- und Machtmissbrauchs, erklärt Pawel Traulka von der weißrussischen Staatsanwaltschaft.

Kerimow drohen 10 Jahre Gefängnis. Ihm wurde zum Verhängnis, dass er Großaktionär des russischen Kali-Produzenten Uralkali ist. Das Unternehmen kündigte im Sommer überraschend die Zusammenarbeit mit dem weißrussischen Staatskonzern Belaruskali. Die beiden weltgrößten Kali-Produzenten hatten zuvor über ein gemeinsames Export-Konsortium den Kali-Weltmarkt dominiert. Darauf brach der Kali-Preis ein, ein schwerer Schlag für die weißrussische Volkswirtschaft.

Die Vergeltung von Präsidenten Alexander Lukaschenko folgte rasch: vor kurzem wurde der Chef des russischen Uralkali, Wladislaw Baumgertner, bei einem Besuch in Minsk verhaftet. Auch ihm drohen 10 Jahre Gefängnis wegen Machtmissbrauchs. Moskau reduzierte darauf die Erdöllieferungen nach Weißrussland und verhängte einen Importstopp für weißrussisches Schweinefleisch. Der Haftbefehl gegen den Oligarchen Kerimow dürfte den Streit weiter anfachen. Erstmals kommentierte der Kreml den Kali-Zank: der Schutz der Interessen russischer Bürger habe erste Priorität, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Wirtschaftspolitische Machtspiele

Dennoch könnte Lukaschenko siegreich aus dem Streit hervorgehen, vermuten Beobachter. Schon öfters habe er auf diese Art wirtschaftliche Zugeständnisse von Moskau erpresst: etwa Finanzhilfe oder günstigere Ölpreise. Russlands Präsident Putin sei dazu bereit, meint der Ökonom Wladislaw Inosemzew: "Hier geht es allein um Politik. Putin will um Russland herum eine Pufferzone mit wirtschaftlich abhängigen und hörigen Ländern schaffen. So kann Moskau eine politisch dominante Rolle spielen, das ist für Putin sehr wichtig. Und deshalb subventioniert er die Nachbarländer."

Unterdessen zeigt der skurrile Kali-Streit zwischen Minsk und Moskau einmal mehr: wer in staatlich gelenkten Volkswirtschaften wie Weißrussland und Russland Geschäfte macht, sollte stets die politischen Hintergedanken der Präsidenten mit einkalkulieren. Um nicht im Gefängnis zu landen.