Wahlumfragen: Kritik fruchtet wenig

Wahlumfragen haben jetzt, gut drei Wochen vor der Nationalratswahl, Hochkonjunktur. Die Zahl der Befragten sei in vielen Fällen zu gering für halbwegs exakte Aussagen und die Schwankungsbreite der Ergebnisse viel zu groß, kritisierten gestern im Morgenjournal zwei Wissenschaftler der Universität Wien. Und was sagen dazu Herausgeber und Chefredakteure? - drei Blattmacher, drei Meinungen.

Mittagsjournal, 6.9.2013

ZWeifel an Wissenschaftlern

Wolfgang Fellner, Herausgeber der Tageszeitung "Österreich", lässt die Kritik an der Aussagekraft der veröffentlichten Wahlumfragen so nicht gelten. Zwar bestätigt er, dass seine Zeitung Wahlumfragen verwendet, bei denen jeweils nur 400 Leute befragt werden, das passiere dafür aber regelmäßig einmal pro Woche. Daher sei es auch falsch zu sagen, dass es nur eine Umfrage mit 400 Interviews sei, weil es sich um eine ganze Serie von Interviews handle: "Wir kommen allein in der Wahlkampfzeit auf 8.000 Interviews. Das ist das 20-Fache von dem, was sie sagen." An der Kompetenz der Wissenschaftler zweifelt Fellner offenbar: "Von den zwei Wissenschaftlern, die Sie da genannt haben, habe ich in meinem Leben noch nie was gehört. Das sind sicher keine führenden Wissenschaftler", sagt Fellner über den Statistik-Professor und langjährigen Hochrechner Erich Neuwirth und über Umfrageexpertin Sylvia Kritzinger, Professorin am Institut für Methoden in der Sozialforschung der Universität Wien. "Aber natürlich ist jede Mahnung in diese Richtung gut", fügt Fellner hinzu, denn manche Dynamik bei FPÖ und Grünen sei gerade in diesem Wahlkampf noch schwer abschätzbar.

Vertrauen in Leserschaft

Umfragen mit 500 Befragten gibt es Woche für Woche im Magazin "Profil". Herausgeber und Chefredakteur Christian Rainer sagt zur Kritik, diese Stichprobe sei zu klein. Aber wenn diese Kritik berechtigt sei, dann dürfe sie nicht an den Journalismus gerichtet werden, sondern an die Meinungsforscher selbst. Schließlich seien es sie, die die 500er-Umfragen anbieten und diese als valide darstellen. "Wir Journalisten hingegen gehen vorsichtig damit um und sprechen von den Schwankungsbreiten." Allenfalls sage man, dass Trends eine Rolle spielen würden, so Rainer. Außerdem wüssten "Profil"-Leser, dass es Schwankungsbreiten gibt.

Versprechen für nächstes Mal

Einen ganz anderen Zugang zur universitären Kritik hat Christan Nusser, Chefredakteur der Tageszeitung "Heute". Man habe beschlossen, ausschließlich 800er-Samples zu verwenden, dafür aber weniger Umfragen zu machen. Damit wolle man vermeiden, "das die Schwankungsbreite jede Aussage verhindert". Dass auch bei 800 Befragten eine Abweichung von drei Prozent in beide Richtungen möglich ist, man bei einem knappen Rennen also nicht wirklich sagen, wer vorne liegt, räumt Nusser aber ein, und auch, dass seine Zeitung diese Schwankungsbreite bisher gar nicht angibt. Hier gelobt er Besserung: Beui der nächsten Umfrage werde man die Schwanluingsbreite anführen.

Eine kleine Reaktion auf die Kritik der gängigen Umfragepraxis also, im Großen und Ganzen weisen die Blattmacher diese aber zurück.