Aussagekraft der Zeitungsumfragen gering
Die meisten Umfragen in Österreich sind kaum aussagekräftig und repräsentativ - das sagen Wahlforscher angesichts der Flut von Umfragen, die es jetzt, dreieinhalb Wochen vor der Nationalratswahl wieder gibt. Die verwendeten Stichproben sind meist viel zu klein und der Befragungszeitraum zu kurz, warnen die Experten, damit können bestenfalls Trends prognostiziert werden, nicht aber das tatsächliche Wahlergebnis.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 5.9.2013
Maximal 500 Befragte
Besonders groß waren die Abweichungen in Kärnten. Die Umfragewerte vor der Landtagswahl und die tatsächlichen Ergebnisse von FPK und SPÖ lagen weit auseinander, außerhalb der Schwankungsbreiten, und auch in Salzburg wurde aus dem prognostizierten Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen rot und schwarz nichts. Statistik-Professor Erich Neuwirth wundert das nicht: es gebe eine Trefferquote von 95 Prozent. Das heißt, dass jedes 20. Mal die Trefferquote schiefgeht.
Und dazu kommt noch: die Stichproben für die meisten Umfragen beträgt oft nur 4 bis 500 Personen, auch bei jenen für die kommende Nationalratswahl, liegen zwei Parteien nah beieinander, wie jetzt SPÖ und ÖVP, könne man damit nicht sagen, wer die Nase vorne hat. Es seien Meinungsbilder, die vielleicht geeignet seien, dramatische Änderungen in der öffentlichen Wahrnehmung der Parteien festzustellen. Damit seien sie nur wenig aussagekräftig. Die Umfragen seien hauptsächlich dazu da, in den Medien etwas zu berichten, so Neuwirth.
Vorsicht bei Ergebnissen
Stichproben von nur 500 Personen, befragt in nur 1 bis 2 Tagen - auch Wahlforscherin Sylvia Kritzinger vom Institut für sozialwissenschaftliche Methoden an der Universität Wien ist skeptisch. Denn obwohl die aktuellen Umfragen allesamt die SPÖ drei bis vier Prozentpunkte vor der Volkspartei sehen, könnte auch das Gegenteil davon herauskommen - die Schwankungsbreite bei solchen Umfragen liegt nämlich über 4 Prozent. Es könnte sein, dass die SPÖ weniger und die ÖVP mehr Stimmen bekommt, so Kritzinger. Es seien Momentaufnahmen, die davon abhängen, wie die Stichprobe zusammengesetzt wurde, wie die Fragen gestellt wurden. Das sei mit Vorsicht anzusehen. Und man sollte auch die Schwankungsbreiten in Betracht ziehen, so Kritzinger.
Stattdessen werden Umfragewerte meist wie Wahrheiten behandelt, warnt die Expertin. Mit der Anzahl von Personen sind die Ergebnisse nicht aussagekräftig. Man sollte auch fragen, ob es repräsentativ für die österreichische Bevölkerung sei, auch hier sei die Antwort: nur zu einem ganz geringen Teil.
Je mehr Telefonate, desto teurer
Viele Wählergruppen, wie etwa die die kein Festnetztelefon haben, können nämlich nur schwer erreicht werden. Man müsse zwei-, dreimal telefonieren, bis man zu einer real existierenden Telefonnummer kommt. Das treibe die Kosten und werde deswegen nicht oft angewandt.
Denn viele Auftraggeber, sprich Medien, sind offenbar nicht bereit mehr zu zahlen, auch nicht für größere Stichproben mit 1.000 Befragten, die aus Sicht von Statistiker Erich Neuwirth für mehr Aussagekraft notwendig sind. Solange es nachgefragt werde, werde es auch produziert, wenn auch mit Bauchweh, so das nüchterne Fazit der Wahlforscher.