Costa-Concordia-Wrack: Riskante Bergung

Vor ziemlich genau zwanzig Monaten erlitt die "Costa Concordia" mit 4.200 Passagieren an Bord vor der toskanischen Insel Giglio Schiffbruch. 32 Menschen starben, der Kapitän hingegen rettete sich, gegen ihn läuft ein Prozess. Das schräg im Wasser liegende Wrack der Concordia soll am kommenden Montag in einem beispiellosen und riskanten Manöver aufgerichtet und somit abschlepptauglich gemacht werden.

Mittagsjournal, 14.9.2013

Aus Italien berichtet ORF-Korrespondentin

Alles bereit für das "Parbuckling"

Alles ist auf Giglio jetzt bereit für die große Operation, ein Bergungsmanöver, das es in der Geschichte der Schiffahrt so noch nie gegeben hat. Monatelang haben Experten, Techniker und Taucher eines italienisch-amerikanischen Konsortiums das Wrack der Concordia für das Drehmanöver vorbereitet, das sich "Parbuckling" nennt.

Das Schiff, groß wie ein Gemeindebau, liegt seitlich geneigt im Wasser und sitzt nur hinten und vorne auf zwei Unterwasserfelsen auf. Mithilfe von Stahlseilen, Gewichten und Gegengewichten wird das Wrack in eine aufrechte Position gezogen. Sechs gigantische in den Meeresboden gebaute Unterwasserplatten sollen es auffangen und verhindern, dass es den steil abfallenden Meeresboden entlang abrutscht und vollends versinkt.

Viele offene Fragen

Montag, sechs Uhr, früh soll die gewagte Rotation beginnen. Verschoben wird nur, wenn das Wetter nicht passt. Rund zwölf Stunden wird das Aufrichtemanöver dauern, ohne Unterbrechung, ganz langsam, Zentimeter um Zentimeter. "Wenn wir beginnen, beginnen wir", sagt Franco Gabrielli, der Verantwortliche vom Zivilschutz. "Wir unterbrechen nur, wenn es Probleme gibt. Also wenn wir anhalten, bedeutet das, es gibt Probleme."

Die Unwägbarkeiten der Aktion sind groß. Werden die Pfeiler der Unterwasserplatten halten? Kippt das Schiff beim Drehen auf die andere Seite ins Wasser? Oder bricht es womöglich auseinander? "Das Wrack ist stark deformiert", gibt Umweltschützer Umberto Mazzantini zu bedenken. Außerdem wisse niemand, ob der Schiffsbauch, dort wo er aufliegt, noch heil ist. Drinnen sind noch riesige Mengen an Lebensmitteln und Abfall jeder Art. Das könnte durch mögliche Risse im Meer landen.

Wrack belastet Insel-Tourismus

Die Verantwortlichen beteuern, die Risiken auf ein Minimum reduziert zu haben, und ganz Italien redet sich seit Wochen über das komplexe Projekt die Köpfe heiß. Die Inselbewohner halten den Atem an. "Wir haben nicht die hundertprozentige Sicherheit, dass es gelingt", sagt VIzebürgermeister Pellegrini. "Aber wir haben große Hoffnungen, weil uns die Ingenieure sagen, dass die Sache machbar ist."

So mancher wird Stoßgebete zum Himmel schicken, denn die Bewohner von Giglio wünschen sich nichts mehr, als dass das Wrack endlich Geschichte ist. Die Insel mit ihren knapp 1.500 Einwohnern lebt fast ausschließlich vom Tourismus und der ist stark eingebrochen.

Buhlen um Verschrottung

Aber auch wenn das Aufrichtemanöver funktioniert - weg kommt die Concordia vorerst noch nicht. Abgeschleppt wird erst im kommenden Frühjahr. Unklar ist noch, welcher Hafen die Concordia zur Verschrottung bekommt.

Piombino in der Toskana und Civitavecchia im Latium buhlen um den Zuschlag. Auch Sizilien hebt die Hand. Es geht um viele Arbeitsplätze - für die italienischen Werften, die in der Krise arg leiden, ein Hoffnungsschimmer in dunklen Zeiten.