Paris: Ausstellung "Nackte Männer" entschärft

"Nackte Männer", die Erfolgsausstellung des Wiener Leopold Museums im letzten Jahr, ist von heute an in Paris zu sehen, und zwar im Muséé d'Orsay, eigentlich der Tempel des Impressionismus. Allerdings ist die Schau sehr verändert und weniger umfangreich.

Morgenjournal, 25.9.2013

"Präzisen Themen folgen"

Schon das Plakat zu "Maskulin / Maskulin" ist viel unverfänglicher als dasjenige, das in Wien für einen Skandal gesorgt hatte: Zwar ist es auch vom Künstlerpaar Pierre et Gilles, es zeigt aber nicht die nackten Fußballer, sondern die Fotografie eines klassischen Merkur-Gottes mit Helm von hinten.

Und die Ausstellung selbst? Sie beginnt ausgesprochen brav - hier ein Lendentuch, dort eine Kordel, die das Geschlecht verbergen, ein Stück weiter eine dezente Zeichnung von Jünglingen aus Picassos Frühwerk. Eine Ausstellung, die deutlich weniger
Zeitgenössisches als ihre Wiener Vorgängerin zu bieten hat und weitgehend aus dem Fundus der französischen Museen geschöpft hat.

Orsay-Chef, Guy Cogeval: "Wir wollten es spielerisch machen, manche Teile mit Humor, andere mit einer gewissen Ernsthaftigkeit. Wir haben die Werke nicht chronologisch gehängt, das wäre katastrophal. Wir verwischen von Anfang an die Spuren, indem wir präzisen Themen folgen."

Schiele und Bacon

Die Themen lauten: Das klassische Ideal, der heldenhafte Akt, die Götter der Stadien, in der Natur und am Ende, die Versuchung und Objekt der Begierde - unter anderem mit zahlreichen Arbeiten von Cocteau und einem Pastiche, der männlichen Version von Courbets „Ursprung der Welt“, geschaffen von der zeitgenössischen französischen Künstlerin Orlan. Am beeindruckendsten aber ist die Abteilung „Nackte Wahrheit“, wo Schieles Werke hier von zwei kruden Akten eines alten Mannes von Lucian Freud eingerahmt sind, sowie die Abteilung über den gequälten, schmerzvollen männlichen Körper mit vier außergewöhnlichen Werken von Francis Bacon.

Wichtig hier in Paris genauso wie in Wien ist es, Zeitgenössisches mit Historischem zusammen zu bringen und das ist in dieser Ausstellung ganz großartig, wie Fotografie, Malerei, Skulptur und Grafik durchmischt werden und miteinander in Dialog treten. Ausstellungen, die sich fokussiert haben auf die Bedeutung des Männeraktes in der abendländischen Kunst, gab es schon an vielen Stellen, aber nie in dieser großen, bahnbrechenden Form.

Keine Aufregung

In den letzten beiden Abteilungen wird - reichlich überflüssig - mit Aufschriften gewarnt, gewisse Werke könnten schockieren, dabei sucht man z. B. einen erigierten Penis vergeblich. Und Orsay-Chef Cogeval gibt sich, was die künftigen Besucherreaktionen angeht, eher gelassen: "Ich denke nicht, dass es Wutreaktionen gibt vor Werken, die letztlich doch Klassiker geworden sind, selbst die Pool-Bilder von Hockney sind heute in allen Museen der Welt, ich sehe wirklich nicht, warum man sich aufregen könnte."