Flüchtlingsdrama: Hunderte Tote - Hilferuf an EU

Bei der Flüchtlingstragödie vor der italienischen Insel Lampedusa sind offenbar hunderte Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 130 Leichen wurden bisher geborgen, weitere hundert werden noch unter dem Wrack des Bootes vermutet, das mit 500 Menschen an Bord kenterte und sank. Italien ruft neuerlich die EU zu Hilfe.

Morgenjournal, 4.10.2013

Anklage gegen Brüssel

Im Hangar des Flughafen von Lampedusa liegen die vielen Toten der Tragödie. "Wir haben keinen Platz mehr, nicht für Lebende und nicht für Tote", schickte die engagierte Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusy Nicolini, einen Verzweiflungsruf an die Politiker im Land. Die haben gestern Gezänk und Theaterdonner vorübergehend ausgesetzt. Staatspräsident, Premierminister, Abgeordnete gaben ihrem Entsetzen Ausdruck. "Eine erschütternde Katastophe", sagte die Präsidentin der Abgeordnetenkammer und EX-UNHCR-Sprecherin, Laura Boldrini, "aber wir dürfen nicht tun, als wären wir überrascht. Wir sind jedes Mal tief betroffen, aber suchen keine Lösungen."

Die zuständigen Politiker klagen, wie immer bei diesen Tragödien, Brüssel an: "Das Meer hier hinter mir, sagt Innenminister Alfano am Abend in Lampedusa, ist die Grenze Europas, und das muss klargesellt werden. Ich hab heute vor diesem Hangar EU-Kommissionspräsident Barroso angerufen und gesagt, dass wir alles tun, um Hilfe zu leisten, aber Europa muss diese Grenze schützen und gegen Schlepper sichern, dass so etwas nicht mehr passiert."

Kampf um Einwanderungsgesetz

Es stimmt, dass Brüssel lieber wegschaut. Aber auch Italiens Regierungen sind dem Flüchtlingsproblem bis heute nur mit Improvisation und Notprogrammen begegnet. Viele Flüchtlinge wollen auch gar nicht in Italien bleiben, sondern wollen weiter nach Nordeuropa, wo sie Verwandte haben und es mehr Arbeit gibt. Aber die EU-Regeln verbieten ihnen, Italien zu verlassen.

Die aus dem Kongo stammende Integrationsministerin, Cwecile Kyenge, kämpft engagiert für eine bessere Einwanderungspolitik und gegen ein Gesetz, dass Flüchtlinge ohne gültige Papiere kriminalisiert. Dafür wird sie aus der rechten Ecke regelmäßig rassistisch beleidigt. Vor allem von der Lega Nord, die das Gesetz in der Regierung mit Berlusconi eingeführt hat.

Auch gestern blieb sie Lega nicht still. Kyenge und Gleichgesinnte, sagte einer ihrer Abgeordneten, trügen die "moralische Verantwortung", weil sie nach außen signalisierten, man könne nach Italien kommen, ohne Regeln zu befolgen.

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