Migrationsexperte fordert Konsequenzen

Dieses Unglück vor Lampedusa müsse Europa nun endlich aufrütteln so Elias Bierdel, Migrationsexxperte der Friedensuniversität Schlaining. Er arbeitet für eine NGO, die sich in Sizilien um Bootsflüchtlinge kümmert, und er hofft, dass der aktuelle Fall "zu einer Art Tschernobyl für die Flüchtlingsabschottungspolitik" wird.

Mittagsjournal, 4.10.2013

Politik kalkuliert Tote ein

Man müsse sich der Verantwortung stellen und diskutieren, was man besser machen könnte: "Es wäre leicht, aber es muss natürlich gewollt sein", so Bierel. Nicht nur, dass die betroffenen Staaten - aber auch die EU - viel zu wenig unternehmen um den Bootsflüchtlingen zu helfen - sie würden es auch ganz offen sabotieren und bewusst Tote einkalkulieren, so Elisas Bierdel. So würden Fischer, die die Not der Flüchtlinge sahen und wieder abdrehten, Schwierigkeiten befürchten, "wenn sie die aus Sicht der EU-Abschottungspolitik falschen Menschen retten". Sie würden vor Gericht landen, ihre Boote beschlagnahmt werden. Das müsse sich sofort ändern, so Bierdel.

Und es müsse auch eine Verteilung der Lasten in Europa selbst geben. Das Dubliner Abkommen das regelt, dass Asylanträge im Erstankunftsland gestellt werden müssen, gehöre abgeschafft: "Die Menschen wollen ja nicht nach Malta, die wollen nach Europa." Daher müsse man die Ankommenden auf die Mitgliedsstaaten verteilen. Viele hätten ja ein Anrecht auf Asyl. "Und wenn die innereuropäische Solidarität fehlt, dann gehen Länder wie Malta dazu über, das sie Menschen einfach ertrinken lassen."

Diskussion und Ursachenbekämpfung

Allerdings stellt sich die Frage, wie man damit umgehen soll, dass eben viele Bürger in Europa genau das nicht wollen - dass sie auch keine Einwanderung aus Afrika wollen. Muss man nicht auch demokratische Entscheidungen akzeptieren? Jedenfalls müsse man darüber offen und ehrlich debattieren, so Bierdel. Das fehle bisher weil das Thema politisch tabuisiert sei.

Aber natürlich muss man das Problem an der Wurzel anpacken, also die Lebensbedingungen in Afrika verbessern. Auch hier sieht Elias Bierdel die Verantwortung Europas. Schließlich seien es nicht zuletzt auch Folgen europäischer Politik,. dass Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden. Bierdel nennt als Beispiel die unfairen Handelsbedingungen und dass Agrarsubventionen in Europa die Märkte in Afrika zerstören. Das treffe auch auf den Klimawandel zu, die Verantwortung dafür sei in den Industriestaaten zu suchen. Denn so lange die Schere zwischen Arm und Reich so groß ist, würden Menschen eben ihr Leben riskieren, um aus dem Elend zu kommen. Egal wie hoch die Mauern sind.

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