Unruhen auf den Malediven

Auf den Malediven kommt es fast täglich zu Massendemonstrationen und gewaltsamen Übergriffen. Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen Anhängern des vor eineinhalb Jahren gestürzten ersten demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Nasheed und der mächtigen Oberschicht des Landes. Touristenziele sind von den Unruhen bisher nicht betroffen, aber das Außenministerium rät zur Vorsicht.

Morgenjournal, 9.10.2013

Anhaltende Proteste

Auf der Hauptstadtinsel Maleh bekommt das Bild vom Paradies Risse. Fast 10.000 Menschen demonstrierten dort gestern Abend neuerlich für mehr Demokratie, wie fast täglich. Ihr Slogan lautet "ehburun", übersetzt "Sieg in einem Zug". Die Tourismus-Managerin Lilly Gressl aus Graz, sie lebt seit eineinhalb Jahren auf Maleh, berichtet über den Einsatz von Schlagstöcken, Tränengas und Gummigeschoßen. Dennoch lasse die Unterstützung für Mohammed Nasheed nicht nach. Täglich gingen mehr Menschen für ihn auf die Straße.

Wahlsieg ungültig erklärt

Mohammed Nasheed hat als Präsident mit Sozialprogrammen gepunktet und mit seinem Einsatz gegen den Klimawandel, der den Inselstaat durch steigende Meeresspiegel massiv bedroht. Sein Versuch sich gegen alte aus der 30jährigen Diktatur stammende Macht-Strukturen durchzusetzen ist gescheitert. Vergangenes Jahr ist Nasheed durch einen Polizeiaufstand gestürzt worden. Bei den Präsidentschaftswahlen vor einem Monat hat er neuerlich die erste Runde mit 45 Prozent der Stimmen für sich entschieden, zur Stichwahl ist es nie gekommen. Mohammed Nasheed im Ö1-Interview: "Die Resultate waren ganz klar. Die Bevölkerung der Malediven hat mit großer Mehrheit für uns gestimmt. Aber das will die alte Elite nicht zulassen, daher haben sie die Stichwahl erst verzögert und gestern die gesamte Wahl für ungültig erklärt."

EU und Vereinte Nationen hatten zuvor eindringlich zur Abhaltung der Stichwahl aufgerufen. Mohammed Nasheed wirft der internationale Gemeinschaft im Ö1-Interview Untätigkeit vor: "Die internationale Gemeinschaft hat den Putsch 2012 zugelassen. Jetzt ist einfach eine Wahl annulliert worden und sie kommen damit wieder durch weil sich die Internationale Gemeinschaft nicht so verhält wie sie sollte."

Vorsicht in Maleh

Immer wieder kommt es zu Festnahmen. Vorgestern haben maskierte Männer eine private TV-Station niedergebrannt, die die Demokratiebewegung unterstützt hat. Touristen bekommen von all dem bisher so gut wie nichts mit. Die Gewerkschaft der Tourismusangestellten hat zwar zuletzt mit Streiks gedroht, Resort-Besitzer reagierten darauf einfach mit Entlassungen ,erzählt Elisabeth Gressl.

Touristen auf den Resort-Inseln seien derzeit nicht gefährdet, betont Martin Weiss vom Außenministerium, anders sei die Lage auf der Hauptstadtinsel Maleh: "Wir raten von nicht unbedingt notwendigen Reisen nach Maleh ab. Wenn man nach Maleh fährt, dann Menschenansammlungen vermeiden, Demonstrationen aus dem Weg gehen."

Am 19. Oktober soll wieder gewählt werden - unter Polizeiaufsicht wie es heißt. Bis dahin können Touristen auf Maleh statt eines Paradieses den Einsatz von Gummiknüppeln und Tränengas gegen die Demokratiebewegung erleben - falls sie hinschauen.