Startschuss für Regierungs-Verhandlungen
Bundespräsident Heinz Fischer hat SPÖ-Chef Werner Faymann den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Nach dem 40-minütigen Gesprächs in der Hofburg bekräftigte das Staatsoberhaupt seinen Wunsch nach einer großen Koalition.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 9.10.2013
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Fischer für "fairen Umgang"
"Es ist ein Faktum, dass die stimmenstärkste und zweitstärkste Partei eine stabile Mehrheit an Mandaten haben", hob Fischer hervor. Er wünsche sich "gute und sachliche Verhandlungen" und einen "fairen Umgang" der Verhandlungspartner miteinander.
Faymann unterstrich, dass er ÖVP-Obmann Michael Spindelegger zu Verhandlungen einladen werde. "Ich habe keine blauen Karten unter dem Tisch versteckt", schloss er erneut eine mögliche Zusammenarbeit mit der FPÖ aus.
Opposition keine Möglichkeit
Faymann sprach sich gegen "Experimente mit unzuverlässigen Partnern" aus. Die Verhandlungen will er "ohne Bedingungen, die als Erpressung gedeutet werden können", aber "mit fester Haltung" führen. "Polemik und Kleinkariertheit" will Faymann in den Hintergrund stellen und das "gemeinsame Auftreten" der Regierungspartner in den Vordergrund. Eine Urabstimmung über den Koalitionsvertrag lehnte er ab. Der Bundesparteivorstand werde nach einer ausführlichen Diskussion die Abstimmung über den "Rahmenvertrag" vornehmen. Die Zusammensetzung des Verhandlungsteams für die Regierungsverhandlungen werde der Bundesparteivorstand am Montag beschließen. Den Gang in die Opposition sah Faymann nicht als Möglichkeit, denn das hieße, eine FPÖ-ÖVP-Team Stronach-Regierung in Kauf zu nehmen, so der SPÖ-Chef. Die SPÖ lasse sich nicht erpressen, aber das Ziel sei, eine Regierung zu bilden.
Der Regierungs-Bildungs-Auftrag im Wortlaut
"Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
I. Die Nationalratswahlen vom 29. September 2013 haben ergeben, dass die beiden bisherigen Regierungsparteien, nämlich SPÖ und ÖVP, zusammen 50,8 % der Stimmen und die vier anderen Parlamentsparteien, nämlich FPÖ, GRÜNE, Team Stronach und NEOS zusammen 43,6 % der Stimmen erreicht haben. Was den Mandatsstand betrifft, werden die bisherigen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP in der kommenden Gesetzgebungsperiode zusammen über 99 Mandate (also über eine absolute Mehrheit) verfügen, während alle anderen Parteien zusammen über 84 Mandate verfügen. An der Reihenfolge der drei stimmen- und mandatsstärksten Parlamentsparteien, nämlich SPÖ (26,8 %), ÖVP (24,0 %) und FPÖ (20,5%), hat sich nichts geändert.
II. Unter Bedachtnahme auf dieses Wahlergebnis betraue ich Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler Faymann, als den Vorsitzenden der stimmen- und mandatsstärksten Partei, mit der Erstattung von Vorschlägen für die Bildung einer neuen Bundesregierung im Sinne des Art. 70 Abs. 1 der Bundesverfassung.
III. Die von Ihnen zu bildende Bundesregierung wird auch die Aufgabe haben, den Ursachen des Ergebnisses der jüngsten Nationalratswahl auf den Grund zu gehen und daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Das betrifft sowohl den Stil der Regierungsarbeit als auch die Durchsetzungsfähigkeit bei wichtigen Reformprojekten. Darüber hinaus sollen die Oppositionsfraktionen im Parlament in den Prozess der politischen Willensbildung in bestmöglicher Weise eingebunden werden. Die zu bildende Bundesregierung muss auch bereit und in der Lage sein, Österreichs Rolle im europäischen Integrationsprozess in umfassender Weise wahrzunehmen und darauf hinzuarbeiten, dass österreichische und europäische Interessen in ihrer Gesamtheit und in ihrer wechselseitigen Bedingtheit gesehen und bearbeitet werden. Ich bin überzeugt, dass es im Interesse unseres Landes und der künftigen Bundesregierung gelegen ist, die Regierungsverhandlungen zügig zu führen und abzuschließen.
IV. Ich darf um regelmäßige Berichterstattung über den Stand der Regierungsverhandlungen ersuchen und wünsche Ihnen für die mit diesem Auftrag verbundenen Bemühungen den besten Erfolg. Ich bleibe mit besten Wünschen und mit freundlichen Grüßen,
Bundespräsident Dr. Heinz Fischer"