Brasilien in Frankfurt

Bei der Buchmesse in Frankfurt ist heuer Brasilien der Ehrengast. Der brasilianische Pavillon zeigt wichtige Momente aus Kunst und Kultur des Landes. Die Eröffnungsrede der Buchmesse hatte der Schriftsteller Luiz Ruffato zu einer Abrechnung mit Brasiliens Geschichte und dem Erbe von fünfhundert Jahren Amtsmissbrauchs genutzt.

Einige Autoren werden übrigens kommende Woche in Wien zu hören sein, auch der Eröffnungsredner Luiz Ruffato, und zwar bei der brasilianischen Literatur- und Filmwoche in der Hauptbücherei am Gürtel.

Mittagsjournal, 11.10.2013

Brasilien will sich hier in Frankfurt abseits der bekannten Klischees präsentieren, denn neben Samba, Fußball und Zuckerhut hat das Land noch viel mehr zu bieten. Auch im Bereich der Literatur. 70 brasilianische Autoren repräsentieren hier auf der Buchmesse ihr Land, täglich wird gelesen, zugehört und diskutiert, auch über die aktuelle Situation und die soziale Schieflage im Land.

Dutzende brasilianische Bücher liegen in den Regalen der Verlage und in der Sonderausstellung aller Neuerscheinungen aus und über Brasilien. Dort gibt es Neuauflagen und Übersetzungen alter Meister, Romane, Erzählbände, Lyrik, Kinderbücher und Sachbücher. Der Übersetzer Michael Kegler hat sie zusammengetragen, 260 Neuerscheinungen sind es insgesamt, davon allein 117 belletristische Titel.

"Wir haben von Geschichten, die die soziale Realität Brasiliens beleuchten, bis hin zu Geschichten, in denen das Wort 'Brasilien' überhaupt nicht vorkommt, alles", sagt Michael Kegler. "Das ist das Schöne, dieses Land der vielen Stimmen, das ist wirklich ein klug gewähltes Motto, das ist kein Bla-Bla, es gibt wirklich sehr unterschiedliche Stimmen, die alle für sich großartig sind." Dennoch wird immer wieder nach Gemeinsamkeiten gesucht, wie brasilianisch ist denn nun die brasilianische Literatur?

"Brasilien ist immer da"

Die Frage nach Identität und Nationalität beschäftigt dieses riesige Land seit über 500 Jahren, sagt Adriana Lisboa, Autorin des Buches "Der Sommer der Schmetterlinge". Sie selbst lebt seit einigen Jahren in den USA. "Ich lebe seit sieben Jahren im Ausland, aber ich habe den Großteil meines Lebens in Brasilien verbracht", sagt Lisboa, "ich bin dort geboren und aufgewachsen, ich fahre regelmäßig hin. Ich trage das immer mit mir herum, ich mache das nicht bewusst, dass ich unbedingt über Brasilien schreibe. Das schleicht sich so ein, wie ein Parfum, wie ein Hauch, der da immer wieder am Rande meiner Arbeit erscheint. Brasilien ist immer da."

Was wird bleiben nach der Buchmesse? Der Autor Joao Paulo Cuenca, ein Vertreter der jungen Autorengeneration und vom renommierten britischen Literaturmagazin "Granta" vor kurzem unter die 20 wichtigsten jungen Schriftsteller Brasiliens gereiht, hat bei der Buchmesse seinen neuen Roman "Mastroianni. Ein Tag" vorgestellt. Für die nächsten Jahre wünscht er sich Folgendes:

"Ich glaube, dass hier jeder möchte, dass das Interesse an brasilianischer Literatur nicht nur heuer wegen der Buchmesse besonders hoch ist, sondern dass sie sich weiter entwickelt, dass es in den nächsten Jahren mehr Übersetzungen von brasilianischer Literatur gibt. Es soll einfach kein Einzelfall bleiben."

Es gibt also, und das zeigen die heurige Frankfurter Buchmesse und die brasilianischen Autorinnen und Autoren mehr als deutlich, sicherlich auch in Zukunft viele neue Aspekte und viele neue Stimmen dieses Landes jenseits des Atlantiks zu entdecken.

Übersicht