Leon de Winter: "Ein gutes Herz"

In seinem neuen Roman "Ein gutes Herz" bietet der niederländische Bestsellerautor Leon de Winter einen packenden Terror-Thriller an, aber nicht nur das: Die in den Niederlanden geführte Islamismus-Debatte liefert den Hintergrund für die Abrechnung mit Theo Van Gogh - der Regisseur war 2004 von einem islamistischen Fundamentalisten ermordet worden.

Morgenjournal, 15.10.2013

Von den Hasstiraden des niederländischen Filmregisseurs Theo van Gogh blieben nur wenige verschont. Er zog über muslimische Einwanderer und den Islam her, seine Angriffe wandten sich aber auch gegen Leon de Winter. Dem warf er vor, seine tragische jüdische Familienvergangenheit zu vermarkten.

Jahre nach van Goghs Ermordung 2004 entdeckte de Winter dann noch einen Talkshow-Mitschnitt, in dem van Gogh die perfide Lüge erzählte, de Winter würde als perverses Hobby, Stacheldraht aus Vernichtungslagern sammeln. Damals bereitete der Romancier gerade einen Thriller vor, in dem Amsterdam Schauplatz eines großangelegten Terrorschlags sein sollte. Das Video verfolgte ihn aber bis in den Schlaf.

Jedes Kapitel ein Perspektivenwechsel

Und so schwebt Theo van Gogh als Schutzengel im Jenseits, während im Diesseits eine Gruppe junger Islamisten einen Sprengstoffanschlag auf die Staatsoper, eine Flugzeugentführung und eine Geiselnahme in einer Amsterdamer Schule unternimmt. Leon de Winter erzählt seine Geschichte linear, wechselt aber mit jedem Kapitel die Perspektive. Und da schildert er die Ereignisse nicht nur aus der Sicht eines Unterweltbosses und aus der van Goghs, sondern schlüpft auch in die Köpfe der jungen Fundamentalisten.

Sehr differenziert und erstaunlich einfühlsam schildert de Winter die Beweggründe und Stimmungslage der jungen Terroristen. Dabei kannte man de Winter bisher als sehr harschen Islamkritiker, der seine Meinung sehr unverhohlen zum Ausdruck brachte. Zurückhaltung sei in der öffentlichen Diskussion auch nicht gefragt. Denn ganz unzweifelhaft bestehen massive Unterschiede zwischen den Kulturen und genau die gehören aufgedeckt, so de Winter.

Viele reale Namen

Nicht nur aktuelle Fragen verhandelt de Winter in seinem Roman "Ein gutes Herz", es tummeln sich auch so viele reale Namen hier wie in keinem anderen seiner Bücher. Van Goghs Mörder Bouyeri, der Amsterdamer Bürgermeister und der niederländische Justizminister, sie alle haben Eingang in das Buch gefunden. Genauso wie der Autor selbst.

Leon de Winter punktet in seinem neuen Roman "Ein gutes Herz" aber nicht nur mit einer gehörigen Portion Selbstironie, er hat auch die zahllosen Fäden seiner Geschichte sicher in der Hand. Und so finden auf den 500 Buchseiten nicht nur ein Politdrama, und ein Thriller, sondern auch eine bitterschöne Liebesgeschichte Platz. Und sogar mit Theo van Gogh hat de Winter am Ende seinen Frieden geschlossen.

Service

Leon de Winter, "Ein gutes Herz", übersetzt von Hanni Ehlers, Diogenes Verlag