Das Außenministerium verliert an Bedeutung
Der Posten des Außenministers wird immer mehr von einer geachteten und begehrten Regierungsfunktion zum Fall für die Manövriermasse, wenn es dann am Ende der Koalitionsverhandlungen ans Verteilen der Ämter geht. Der Vizekanzler will lieber Finanzminister sein und selbst ein Tausch mit der SPÖ ist nicht ausgeschlossen, wenn die den Posten überhaupt will.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 19.10.2013
Busek: "OMV hat mehr Bedeutung"
Als die SPÖ unter Franz Vranitzky der ÖVP 1986 den Außenminister überließ, brach Bruno Kreisky fast mit seiner Partei, so entsetzt war er über dieses Tun. Damals drängte die ÖVP nach Europa, der Außenminister spielte eine zentrale Rolle, erinnert sich der frühere ÖVP-Obmann Erhard Busek: "Da war eine Sichtbarkeit für einen Parteiobmann und Fraktionsführer in der Regierung gegeben. Das bringt das Außenministerium heute nicht mehr."
Deshalb sei logisch, dass ÖVP-Chef Spindelegger wie seine Vorgänger Pröll und Molterer nach dem Finanzministerium greife. Dieses ist neben dem Kanzler der Player auf EU-Ebene - zulasten des Außenministers. "Die Bedeutung ist sicher gesunken, weil der eigene Spielraum nicht mehr sehr groß ist," sagt Busek, der noch weitergeht: "Die OMV hat eine größere Bedeutung als das Außenministerium. Denn ob Nabucco gebaut wird oder nicht, oder ob die OMV in die Barentsee geht, das hat große außenpolitische Bedeutung, wird aber vom Unternehmen entschieden."
Gärnter: "Spielraum bei Menschenrechten"
Also Europa, Außenwirtschaft - und sonst nichts mehr? Falsch, sagt Heinz Gärtner vom Österreichischen Institut für Internationale Politik. Es komme darauf an, was man daraus macht, speziell als neutrales Land: "Gerade bei internationalen Einsätzen, beim Schutz von Menschenrechten, bei Abrüstungsfragen gibt es ein weites, weites Handlungsfeld, wo Österreich als kleiner und neutraler Staat mehr Spielraum hat als etwa Bündnisstaaten."
Vorbilder sieht Gärtner in Genf oder Oslo, nämlich insofern, dass diese bestimmte Themen besetzen und sich als Orte der Vermittlung und der Verhandlungen anbieten. Hier habe Österreich Nachholbedarf.
Petritsch wünscht sich Neuordnung
Auch Erhard Busek sieht das als Chance für Österreich, aber: "Das verlangt natürlich Geld. Und wenn Sie schauen, dass wir im Bereich der Entwicklungshilfe und der ADA, der Austrian Development Agency, eigentlich alles gestrichen haben, werden wir hier keine große Rolle spielen." Denn das Außenministerium sei finanziell und personell ausgehungert, kritisiert Busek eher illusionslos.
Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch, der vor über zehn Jahren schon einmal als Außenministerkandidat für die SPÖ ins Rennen gegangen war, äußerte hingegen zuletzt Hoffnung auf die große Neuordnung der Außenpolitik: EU-Agenden ins Kanzleramt, das Außenministerium für eine kraftvolle globale Außenpolitik freispielen. Das wird es angesichts der rot-schwarzen Kräfteverteilung wohl nicht spielen.