EU-Gipfel: Merkel-Abhöraffäre

Der EU-Gipfel in Brüssel wird von der NSA-Spitzelaffäre überschattet. Die Staats- und Regierungschefs verlangen Aufklärung von den USA, nachdem bekannt wurde, dass auch das Handy der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel überwacht worden sein soll.

Morgenjournal, 25.10.2013

"Wir sterben gemeinsam"

Lange haben Europas Spitzenpolitiker den NSA-Spitzelvorwürfen wenig entgegen gesetzt. Jetzt aber, nachdem selbst das Handy der deutschen Kanzlerin abgehört worden sein soll, leidet Europas Verhältnis zu den USA ganz offiziell, Angela Merkel: "Wir sind Afghanistan zusammen, unsere Soldaten erleben lebensbedrohliche Momente, um nicht zu sagen, sie sterben auch manchmal in den gleichen Gefechten und wenn man diese Dinge gemeinsam teilt, genauso wie man gemeinsam Werte teilt, dann möchte man einfach auch wissen, dass man sich nicht Sorgen machen muss, dass man Gegenstand von bestimmter Überwachung ist."

Offenbar dürfte Angela Merkels Parteihandy abgehört worden sein, für staatspolitische Gespräche verwende sie ein Krypto-Handy, das besser geschützt sei, sagt Merkel. Diese, wie all die anderen bisher gekannt gewordenen, von Edward Snowden aufgebrachten Anschuldigungen, haben die USA bisher weder bestätigt noch dementiert. Ebenso wenig, dass in Frankreich Millionen von Telefonaten Ziel der NSA gewesen sein sollen.

Verhaltenscode für Geheimdienste

Der französische Präsident Francois Hollande verlangt volle Aufklärung: "Wir wollen dieselben Informationen, die die Presse bereits hat und die sie weiter veröffentlichen wird. Das müssen uns die Amerikaner liefern."

Volle Aufklärung ist der erste Schritt, dann wollen Angela Merkel und Francois Hollande stellvertretend für die EU28 gemeinsam mit den USA Regeln für die US- und Europäischen Geheimdienste erarbeiten. Der estnische Premierminister Andrus Ansip: "Bis Jahresende wollen wir einen Art Verhaltenscode, der die Beziehung von Geheimdiensten regeln soll."

Damit soll die Basis für die positive Fortsetzung der Gespräche zum US-Europäischen Freihandelsabkommen gesetzt werden. Bundeskanzler Werner Faymann: "Das Beste für eine gute Beziehung, die wollen ja die USA mit Europa, dann muss das einmal alles ausgeräumt werden, weil Misstrauen ist eine schlechte Basis für vertiefte wirtschaftliche Beziehung."

Regeln für Datenschutz in Europa?

Bei den eigenen Regeln zum Datenschutz aber drückt Europa nicht aufs Gas, die geplante Datenschutzgrundverordnung die 2015 in Kraft treten soll, dürfte sich verzögern, bestätigt EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach den Beratungen der Mitgliedsstaaten: "Diese Datenschutzgrundverordnung ist eine komplexe Angelegenheit, das müssen wir genau ausarbeiten und wir nehmen uns diesen Gestaltungsspielraum."

Die komplexe Angelegenheit sind Wirtschaftsinteressen, die vor allem Großbritannien verfolgt und die sich nicht mit dem geplanten strengeren Datenschutz für Europas Bürger vertragen.