Obamacare-Streit ohne Ende

Es soll seine bedeutendste innenpolitische Reform werden - Sein Eintrag in die amerikanischen Geschichtsbücher: Barack Obama will als erster US-Präsident eine staatliche Gesundheitsversicherung für alle Amerikaner einführen. Der erbitterte Streit zwischen Demokraten und Republikanern um Obamacare hat vor einem Monat sogar zu einem Regierungsstillstand geführt, doch an seinem Prestigeobjekt wollte Obama nicht rütteln. Umso peinlicher, dass der groß angelegte Start des Gesundheitsprogramms jetzt so katastrophal schiefgeht. Obama kämpft um sein politisches Vermächtnis.

Mittagsjournal, 16.11.2013

Schadenfreude bei den Gegnern

Er hat sich verteidigt - er hat sich entschuldigt - und er hat sich bloßgestellt: Ich bin kein perfekter Mensch, sagt Barack Obama diese Woche zerknirscht. Und ich werde kein perfekter Präsident sein. Es ist meine Schuld, dass der Start der Gesundheitsreform nicht besser geklappt hat.

Tatsächlich ist Obamas wichtigstes politisches Projekt in Schwierigkeiten. Nicht etwa wegen des politischen Gegenwinds von Seiten der Republikaner. Nein, die Einführung von Obamacare hat die Regierung selbst verpatzt.

Ausgerechnet technische Pannen auf der Startwebsite, auf der sich mehr als 30 Millionen Amerikaner seit Oktober für eine Krankenversicherung anmelden sollten, machen dem Programm einen Strich durch die Rechnung. Im ganzen Land haben sich bisher nicht einmal 27.000 Menschen für eine Gesundheitsversicherung angemeldet: Die Technologie, mit der die Regierung gearbeitet hat, ist schwerfällig, kompliziert und überaltet, schimpft Barack Obama. Aber ich wusste das nicht, sonst wäre ich nicht so dumm gewesen, zu behaupten, dass die Anmeldung genauso einfach sein würde, wie etwas auf Amazon zu kaufen.

Doch nicht nur die Pannen bereiten Obama Sorgen. Er hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Denn statt dass mehr Menschen eine Sozialversicherung haben, passiert momentan das krasse Gegenteil: Millionen Menschen verlieren ihre Versicherungen, weil diese den neuen Mindestanforderungen nicht mehr entsprechen – ein Szenario, das Obama bis zuletzt heftig abgestritten hatte: Ich verstehe absolut, wie verärgert die Menschen sind, sagt Obama jetzt. Vor allem, weil ich immer und immer wieder versprochen habe, dass jeder ihre Versicherungen behalten könnten.

Barack Obama kämpft um sein Prestigeprojekt. Und manchen in Washington bereitet das diebische Freude: Ich genieße es, dem ganzen einfach nur zuzuschauen, spottet ein Kommentator des konservativen TV-Senders FOX-. Das, was gerade passiert, ist eine einzige Katastrophe.

Auch Obamacare-Erzfeind Senator Ted Cruz, macht es sich wieder in den TV-Shows gemütlich: Ich habe es Ihnen gesagt, dieses Ding funktioniert nicht- und es wird immer schwerer für die Demokraten, das Programm zu verteidigen.

Tatsächlich wächst der Unmut auch in den eigenen Reihen. Viele Demokraten befürchten, dass sie ihren Wählern daheim die Reform nicht mehr lange verkaufen können: Der Start von Obamacare ist ein Desaster, gibt die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen unverblümt zu und klingt dabei schon fast wie ihre republikanischen Gegner. Das müssen wir schleunigst wiedergutmachen.

Einige Demokraten wie der Abgeordnete Richard Durbin, haben sogar einen neuen Gesetzesentwurf präsentiert, der die Gesundheitsreform verzögert: Wir müssen die politische Realität anerkennen und wir müssen offen für konstruktive Änderungen sein.

Die Reihen hinter Barack Obama lichten sich. Sogar Ex-Präsident Bill Clinton, demokratisches Schwergewicht und bisher geduldiger Obama-Fürsprecher, übt öffentlich Kritik: Ich persönlich glaube, dass der Präsident sein Versprechen gegenüber den Leuten halten sollte, auch wenn das bedeutet, dass das Gesetz geändert werden muss.

Dazu kann und will es Obama nicht kommen lassen. Die Internetseite werde bis Ende November funktionieren. Und jeder dürfe seine Versicherung für ein weiteres Übergangsjahr behalten: Ich werde das richten, sagt er. Das Spiel ist noch nicht vorbei.