Plasser warnt ÖVP vor Auseinanderdriften

Der Politikwissenschaftler Fritz Plasser warnt die ÖVP, die auseinanderstrebenden Kräfte in den Ländern zu unterschätzen. Im Ö1-Interview spricht Plasser von innerparteilicher Opposition, Vetospielern und einer nur scheinbaren Stabilität der Volkspartei.

Morgenjournal, 10.1.2014

Politikwissenschaftler Fritz Plasser im Gespräch mit Stefan Kappacher

"Veritabler Rückschlag"

Die innerparteiliche ÖVP-Debatte über die Gesamtschule sieht Plasser noch nicht als Zerreißprobe. Dennoch sei es ein "veritabler Rückschlag" am Beginn eines sehr fordernden Regierungsjahres und vor dem Hintergrund des Bemühens von Parteichef Spindelegger, das Erscheinungsbild der ÖVP in der Öffentlichkeit besser, positiver zu gestalten, betonte Plasser im Ö1-Morgenjournal.

Spindelegger sehe sich mit einer "sich formierenden innerparteilichen Opposition" konfrontiert. "Man könnte auch sagen, Vetospieler innerhalb der ÖVP melden sich nachdrücklich zu Wort", so Plasser. Er geht davon, dass es sich hier nicht um einen Einzelfall handle, sondern dass unter Umständen auch noch andere auftretende Themen und Probleme zu deutlichen Reaktionen in den Bundesländern führen könnten.

"Personaldiskussion wäre selbstzerstörerisch"

Die derzeitige Situation unterscheide sich immer noch deutlich von der Eskalationsphase, wie sie Ende der 1980 Jahre innerparteilich zu beobachten war, betonte Plasser. "Ich gehe davon aus, dass hier doch ein Lernprozess stattgefunden hat", so der Politologe. Es gebe personell auch keine Alternativen. Vor dem Hintergrund der EU-Wahl am 25. Mai wäre es wirklich "selbstzerstörerisch", zu versuchen, eine Personaldiskussion anzuzetteln.

Parteichef Spindelegger sei mit starkem Gegenwind konfrontiert, das bedeute nur eine scheinbare Stabilität. "Was aber nicht heißt, dass ich ihn gefährdet in seiner Position sehe", betonte Plasser. Spindelegger sei herausgefordert, als Obmann jetzt auch reaktiv zu sein. Ansonsten könnte Spindeleggers Leadership irgendwann einmal in Frage gestellt werden.