125 Jahre: Wie rot ist die SPÖ?

Vor 125 Jahren, zum Jahreswechsel 1888/89, haben Österreichs zerstrittene Sozialdemokraten unter Victor Adler zusammengefunden. In Hainfeld in Niederösterreich war der Einigungsparteitag, und heute gedenkt die SPÖ-Spitze dort der Gründung der Partei. Was ist geblieben von den Forderungen nach Gleichheit, ökonomischer Unabhängigkeit und politischen Rechten, wie sie im Hainfelder Programm erhoben wurden? Wie sozialdemokratisch ist die SPÖ heute eigentlich?

Mittagsjournal, 11.1.2014

Europäischer denken

„Es hat keinen Sinn, die Mehrheit für die Sozialdemokratie zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.“

Ein Zitat von Willy Brandt, das gut zur SPÖ im Jahr 2014 passt. Nach einer Regierungsbildung, die weite Teile der Partei verärgert und ratlos zurückgelassen hat. Die Gerechtigkeitskampagne, die die SPÖ nunmehr seit Jahren und zum Ärger der ÖVP fährt, kann das nicht wettmachen, sagt der Politikwissenschafter Anton Pelinka: es sei verständlich, dass die Sozialdemokratie in einem Land wie Österreich, das eigentlich erkennbar sehr viel Steuerungerechtigkeit hat, wenn man es vom Standpunkt der arbeitenden Menschen aus sieht, solche Forderungen erhebe. Die Frage sei aber, wer ist schuld daran. Hier habe letztlich auch die Sozialdemokratie mitgewirkt, das lasse sich nicht alleine auf die schwarz-blaue Ära schieben.

Für Pelinka agiert die SPÖ in dem Punkt auch viel zu kleingeistig - Stichwort Internationale Solidarität: politische Strategien nur in Österreich zu formulieren, sei hoffnungslos veraltet. Es brauche eine europäische Strategie und daran scheine sich die österreichische Sozialdemokratie nicht heranzuwagen.

Schon in der Blütezeit der SPÖ unter Bruno Kreisky sei es mit dem Kampf gegen ökonomische Abhängigkeit nicht weit her gewesen, sagt der Politikwissenschafter: die großen Reformschritte waren in der Strafrechts-, Bildungs- und Universitätsreform, aber die ökonomischen Strukturen wurden nicht substantiell verändert, offenbar in der Einsicht, dass das auf Grenzen stoße, so Pelinka.

Weg vom Pensionisten-Image

Die Ära Kreisky präge die Partei bis heute - wenn auch nur als Bezugspunkt im stetigen Trend nach unten: im europäischen Vergleich sei nicht die relative Schwäche der SPÖ auffallend, sondern die vergangene Größe.

Die SPÖ sollte sich damit aber nicht abfinden, sondern ihre Lähmung überwinden und vor allem den Nimbus der Pensionistenpartei ablegen, rät Pelinka: dabei müssen man kurzfristig einen Nachteil in Kauf nehmen, es sei aber im Sinn einer langfristigen Strategie notwendig.

Und die SPÖ attraktiver machen für die jüngeren gebildeten Schichten - die Kreisky-Generation, die Kreiskys Partei den Rücken gekehrt hat.

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