Griechische Extremisten legen weiter zu

In Griechenland soll 2014 das Jahr der Wende in der Krise werden. Das verkündet zumindest die Regierung. Sie erhofft sich von den Euroländern Erleichterung beim Schuldendienst und möchte Spielraum, um die Steuerschraube wieder etwas lockern. Ministerpräsident Antonis Samaras braucht Erfolge. Denn seine Mehrheit im Parlament schwindet und die Extremisten von links und rechts sind im Aufwind.

Mittagsjournal, 15.1.2014

Elf Prozent für "Morgenröte"

Sechs Abgeordnete in Untersuchungshaft, drei weitere angeklagt. Die halbe Parlamentsmannschaft der griechischen Neonazipartei Goldene Morgenröte im Visier von Polizei und Staatsanwalt. Seit ein Anhänger der Truppe im September einen linken Musiker ermordet hat, ermitteln die Behörden wegen Organisation einer kriminellen Vereinigung. Regelmäßig sollen Schlägertrupps der Nazis gezielte Hatz auf Ausländer machen. An der Attraktivität für viele Wähler ändert das vorerst nichts, sagt Giorgos Tzogopoulos von der Stiftung für Außen- und Europapolitik in Athen. "Die Goldene Morgenröte hat noch bei der Wahl 2009 0,2 Prozent gehabt. Jetzt würde sie laut Umfragen von zehn oder elf Prozent gewählt. Von Menschen, die die Hoffnung aufgegeben haben und die Regierung bestrafen wollen."

Mit Nazi-Ideologie haben die meisten nichts am Hut, sagt Tzogopoulos. Dass der Parteichef - der schon in den 70ern unter dem letzten Obristenregime aktiv war - dass der Parteichef Neumitglieder der Morgenröte mit dem Hitlergruß in Empfang nimmt, wird schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Schließlich jagen die Rechten nicht nur Ausländer, sondern stellen zum Beispiel auch Schutztrupps für Alte auf, um sie sicher mit der Pension von der Bank nach Hause zu begleiten. "Die Leute haben jedes Vertrauen in die Zukunft und in die mainstream-Politiker verloren. Das macht den Erfolg der Goldenen Morgenröte in den letzten beiden Jahren aus."

Keine Katastrophen?

Der extremste Auswuchs der politischen Polarisierung in Griechenland: Die Regierung der einstigen Großparteien hätte bei Neuwahlen jetzt wohl keine Mehrheit mehr. Erster wäre laut Umfragen die linke Syriza. Der Schrecken für die Euroländer, trommelt doch Syriza-Chef Alexis Tsipras überall für die Rückabwicklung des Schuldenpakets. Giorgos Tzogopoulos plädiert für Gelassenheit: "Es ist einfach, aus der Opposition gegen die Auflagen des Kreditpakets anzureden, aber schwierig als Regierung die Finanzierung des Landes sicherzustellen. Seit Syriza zur größten Oppositionspartei wurde, arbeitet sie an der Europäisierung ihres Programms. Ich würde nicht ausschließen, dass die Europäer auch mit einer Syriza-Regierung verhandeln können." Syriza-Chef Tsipras hat sich zuletzt deutlicher als je zuvor gegen die Rückkehr zur Drachme ausgesprochen. In seiner Partei hat das allerdings prompt heftige Kritik ausgelöst.

Die Regierung von Ministerpräsident Antonis Samaras präsentiert sich jedenfalls als einziger Garant für einen pro-europäischen Kurs. Und sie fordert von Europa Unterstützung. Denn der Erosionsprozess in den eigenen Reihen geht weiter. "Die Regierung hat im Parlament zuletzt noch 152 von 300 Stimmen gehabt. Und jede Abstimmung wird zur Zitterpartie. Aber ich glaube nicht, dass es in den nächsten Monaten Wahlen gibt, weil die Abgeordneten wissen, dass es eigentlich keine Alternative gibt." Bewährungsproben sind programmiert. Denn bei den Auflagen für die europäischen Hilfskredite ist Griechenland im Verzug. Und die Kontrollore der Troika werden weiter darauf drängen, Versäumtes nachzuholen.