Erdogan verschärft Internet-Überwachung

Nach den Internet-organisierten Demonstrationen in Istanbul erhöht der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan jetzt die Internet-Überwachung. Das türkische Parlament hat die gesetzliche Grundlage zur Schließung von regierungsunliebsamen Homepages bereits beschlossen.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan

(c) Jensen,dpa

Morgenjournal, 6.2.2014

Teilweise EU-Standard

Es ist eine hitzige Debatte im türkischen Parlament gewesen. Schlussendlich hat die Regierungsmehrheit der AKP das Gesetz aber ohne Probleme durchgebracht. Bei einem Teil davon wird es wohl auch für die EU schwer sein, es zu kritisieren. Denn da hat die Türkei nur das gemacht was in der EU an Bürgerüberwachung schon Standard ist: nämlich die Vorratsdatenspeicherung.

Zwei Jahre lang sind nun auch in der Türkei Provider verpflichtet, jene Daten zu speichern, mit denen man nachvollziehen kann, wer sich welche Internetseite angesehen hat oder wer wem ein email schreibt.

Bei der Begründung dieser Maßnahmen hat man sich die USA oder auch Europa zum Vorbild genommen.

Sperrung ohne Gericht

Auch in der Türkei geht es natürlich darum, gegen Terroristen vorzugehen. Aber auch - um wie es ein Regierungsabgeordneter formuliert - gegen Sex und Drogenverherrlichung im Internet vorgehen zu können.

Denn zweiter, umstrittenerer Teil des neuen Gesetzes ermächtigt die Regierung eine Internet-Seite sperren zu lassen - auch ohne die Genehmigung eines Gerichts. Ein Abgeordneter der Opposition sagt, die Maßnahmen hätten allein eine Einschränkung von Freiheit zur Folge. Andere formulieren noch deftiger und nennen es Faschismus.

Schon unter dem derzeit geltenden Internetgesetz können Webseiten relativ einfach gesperrt werden, allerdings nur mit Gerichtsbeschluss. Betroffen waren bereits die Blog-Plattform Wordpress und mehrere Video Portale. You-Tube war bis 2010 sogar zwei Jahre lang gesperrt.

Kampf gegen Gegner

Der Hintergrund der Maßnahmen ist aber wohl nicht der Kampf gegen Terroristen und Drogenmissbrauch, sondern der Versuch von Regierungschef Erdogan im heurigen Wahljahr so gut es geht gegen die Gezi Park Bewegung vorgehen zu können. Diese hat sich bei den Unruhen im vergangenen Jahr ja meist über das Internet organisiert. Der Regierungschef bezeichnete den Kurznachrichtendienst Twitter damals als "Unruhestifter".