Bibelkommentar zu Matthäus 5, 13 - 16
Sowohl Salz als auch Licht sind lebensnotwendig. Das bemerke ich selbst nicht zuletzt in diesen Februarwochen, in denen ich mit Erleichterung feststelle, dass die Tage wieder länger und heller werden.
8. April 2017, 21:58
Und was es bedeutet, auf Salz verzichten zu müssen, kann ich mir gar nicht richtig vorstellen. Es sind zwei starke Vergleiche, die Jesus auf jene, die das Evangelium hören, anwendet.
So klar die Stelle auf den ersten Blick erscheinen mag, so rätselhaft ist sie bei näherem Hinsehen: Bereits im zweiten Satz begegnet uns ein Paradoxon, oder ist Ihnen schon einmal geschmackloses Salz untergekommen? Also Salz, das nicht mehr salzig ist, das kraftlos, das fade geworden ist? Aus meinem Chemieunterricht weiß ich noch, dass das gar nicht möglich ist. Salz bleibt über Jahrmillionen hinweg – und so alt sind die Salzvorräte der Erde – salzig. Ganz gleich ob es mit Wasser, Luft oder Sonnenlicht in Berührung kommt. Salz bleibt Salz. Geschmackloses Salz wäre so etwas wie fettfreies Fett oder lichtfreies Licht. Was aber will mir dieser Vergleich sagen? Wurde hier nur eine schlechte Metapher verwendet?
Auch eine andere Stelle des heutigen Evangeliums erinnert mich an meinen Chemie- bzw. Physikunterricht, nämlich dort, wo ich überlege, warum man ein Licht nicht unter ein Gefäß stellen soll. Zum einen natürlich, weil Ton – und daraus waren zur Zeit Jesu Gefäße gemacht – das Licht nicht durchlässt. Und zweitens weil eine Kerze – und eine andere künstliche Lichtquelle gab es damals nicht – unter einem Gefäß nicht lange brennen wird. Sobald der Sauerstoff aufgebraucht ist, erlischt die Flamme. Beides wussten die Mitmenschen Jesu genauso gut wie wir heute und ich glaube kaum, dass dieser Text aus dem Evangelium Lektionen in Chemie oder Physik erteilen will. Aber was will er uns sonst sagen?
Ein Blick in den griechischen Originaltext hilft an dieser Stelle weiter. Was häufig als „salzlos“ übersetzt wird, lautet im Original moranthé und bedeutet eigentlich „töricht“. Nun ist auch „töricht“ kein Wort meines alltäglichen Sprachgebrauchs – ich würde eher „lächerlich“ oder „sinnlos“ sagen. Töricht ist es, wenn ich vergesse, was mich ausmacht, wenn ich den Sinn für das Wesentliche verliere.
Nehme ich diese Übersetzung ernst, dann fordert mich der Text dazu auf, nicht sinnlos oder lächerlich zu werden. Ebenso wie das Sprichwort über das Licht unter dem Scheffel, weist er mich darauf hin, nicht zu vergessen, was mich als Hörerin des Evangeliums ausmacht. Licht leuchtet immer, und für Salz ist es wesentlich, dass es würzt. Was macht mich als Christin aus?
Mein Antwortversuch lautet: Was mich als Christin ausmacht, ist das Vertrauen auf die Botschaft von Jesus Christus; das Evangelium, dass Gott uns liebt und rettet, noch bevor wir etwas dafür tun. Wenn ich dieses Vertrauen nur für mich behalte – es sozusagen unter den Scheffel stelle –, dann ist es wie salzloses Salz – töricht und sinnlos. Sinnvoll wird mein Vertrauen in das Evangelium dort, wo es durch die Art, wie ich mein Leben lebe, wahrnehmbar wird. Denn erst dann kann ich zum Salz der Erde und zum Licht der Welt werden.