Wenn die Arbeit psychisch krank macht

Arbeitgeber müssen seit letztem Jahr nicht nur jene Missstände beseitigen, die zu einem körperlichen Schaden führen können, sondern auch Belastungen, die die Mitarbeiter psychisch beeinträchtigen. Das steht im neuen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und bedeutet eine Herausforderung für alle Betroffenen - vom Arbeitsinspektor bis zum Generaldirektor.

Mittagsjournal, 12.2.2014

Auch zum Nutzen des Arbeitgebers

Seit 150 Jahren gibt es in Österreich den Arbeitnehmerschutz, aber erst letztes Jahr wurde per Gesetz anerkannt, dass am Arbeitsplatz nicht nur der Körper vor Gefahren geschützt werden muss, sondern der Mensch als Ganzes, also auch die Psyche. Hintergrund der Gesetzesänderung ist die Tatsache, dass seelische Erkrankungen wie Depressionen oder Burn-Out seit Mitte der 1970er-Jahre stetig zugenommen haben, sagt Josef Kerschhagl, Oberster Arbeitsinspektor im Sozialministerium: "Das ist dramatisch. Das hat zugenommen, während bei anderen Formen das meistens abnimmt. Es war klar, dass man hier gegensteuern muss" - zum Wohl des Arbeitnehmers, aber auch zum Nutzen des Arbeitgebers.

Arbeitsmedizinerin Elsbeth Huber verweist auf Studienergebnisse, die zeigen: "Wenn man erst spät eingreift, wenn Leute schon ausgebrannt und erschöpft sind, sind die Therapie- und Krankenstandkosten weitaus höher. Eigentlich müsste jeder Betrieb erkennen, dass er frühzeitig etwas machen soll."

Nervende PC-Programme

Aber so einfach ist das Erkennen von psychischen Belastungen nicht, aus mehreren Gründen. Die Evaluierung mit Hilfe von anonymisierten Umfragen ist für alle - Beteiligten, also Mitarbeiter, Geschäftsführung, aber auch für die Arbeitsinspektoren selbst - Neuland. Sie mussten geschult werden, und sie mussten feststellen, dass psychische Belastungen nicht so schnell überprüfbar sind wie etwa ein zu hoher Lärmpegel, so Kerschhagl. Schwierig ist es dann auch noch die richtigen Maßnahmen abzuleiten, um die psychischen Belastungen zu vermeiden.

Bei psychischen Belastungen geht es nicht nur um Mobbingfälle oder etwa mangelnde Karrierechancen. Es könnte zum Beispiel auch ein Ergebnis herauskommen, dass ein spezielles Computerprogramm in einer Firma alle Mitarbeiter enorm nervt und in Folge stresst, weil es zu langsam ist und ständig abstürzt.

Einige Unternehmen, das bestätigt die Wirtschaftskammer, haben derzeit übrigens noch wenig Freude mit der neuen Gesetzeslage. Sie scheuen vor der Überprüfung der psychischen Belastungen zurück, so Arbeitsmedizinerin Elsbeth Huber: "Aber wir sind dazu da, hier zu beraten. Und wenn man in der Planung viel Zeit investiert, kommen gute Dinge raus, und man sieht auch schon Erfolge."