Belvedere: "Wien-Berlin"

Die Achse Wien-Berlin wurde in den Bereichen Literatur, Theater und Musik in der Vergangenheit umfassend erforscht und ausgeleuchtet. Umso erstaunlicher ist es, dass dem Austausch der beiden Metropolen im Bereich der bildenden Kunst bisher keine größere Ausstellung gewidmet war.

Eine Kooperation zwischen der Berlinischen Galerie und dem Belvedere hat diese Lücke nun geschlossen Die Schau "Wien- Berlin. Kunst zweier Metropolen" hat bis Ende Jänner in Berlin Station gemacht und ist ab heute im Belvedere zu sehen.

Morgenjournal, 14.2..2014

Der große epochenübergreifende Vergleich läuft oft Gefahr ins Holzschnittartige und Stereotype abzudriften. Nicht zuletzt wenn es um den Wettstreit zweier Kunstmetropolen geht. Hier das barocke, das ornamentale, das gemütliche Wien, das uns schon bei Robert Musil begegnet, dort Berlin: Modern, sachlich, stromlinienförmig.

Die Ausstellung "Wien - Berlin. Kunst zweier Metropolen" widmet sich dem künstlerischen Austausch zwischen Donau und Spree und verlässt trotz des weithin bekannten Themas ausgetretene Pfade. Denn neben Highlights wie Klimt, Schiele, Kokoschka, Otto Dix, oder George Grosz wird auch weniger Bekanntes wiederentdeckt.

  • Revuegirls, 1928/1929

    Jeanne Mammen
    Revuegirls, 1928/1929

    (c) Berlinische Galerie, Berlin / Bildrecht, Wien, 2014

  • Mädchen mit Hut, 1929

    Franz Lerch
    Mädchen mit Hut, 1929

    (c) Belvedere, Wien

  • Porträt Raoul Hausmann, um 1920

    Conrad Felixmüller
    Porträt Raoul Hausmann, um 1920

    (c) Lindenau Museum Altenburg / Bildrecht, Wien, 2014

|

Die Wiener und die Berliner Secession

Die Ausstellung "Wien-Berlin. Kunst zweier Metropolen." ist nicht durchgehend chronologisch aufgebaut, spannt zeitlich aber einen Bogen von der Jahrhundertwende bis zur Zwischenkriegszeit. Um 1900 gibt die alte Kaiserstadt Wien den Ton an. Die Wiener Secessionisten wenden sich vom Akademismus vergangener Künstlergenerationen ab und läuten damit den Aufbruch in die Moderne ein. Künstler wie Klimt und Koloman Moser entwickeln einen ornamentalen Stil, der meist mit einer symbolistischen Bildsprache aufgeladen ist.

Die Berliner Secession, ein Jahr nach Wien gegründet, orientiert sich hingegen eher am französischen Impressionismus. Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie verliert Wien an Bedeutung und Berlin wird zur Hauptstadt einer neuen Moderne. Viele Künstler zieht es von Wien nach Berlin. Kurator Alexander Klee.

Das Berlin der 20er-Jahre

Im Berlin der 20er Jahre dominiert die Neue Sachlichkeit. Otto Dix und Georg Grozs verbinden einen klaren, distanzierten Stil mit scharfer Gesellschaftskritik. Das lasterhafte Berlin der Roaring Twenties ist der Schauplatz ihrer Bilder. Es ist auch die Zeit, in der ein neuer Frauentypus ins Bild gesetzt wird: Jeanne Mammen malt Revuegirls mit Bubikopf und rot geschminkten Lippen, Lotte Laserstein porträtiert die moderne emanzipierte Frau. Sie sitzt ganz alleine im Wirtshaus. Gezeigt werden im Wesentlichen Arbeiten, die aus den Sammlungsbeständen der Berlinischen Galerie und des Belvedere stammen. Die Ausstellungsfläche in der Berlinischen Galerie sei aber bedeutend größer, so Agnes Husslein, Direktorin des Belvedere.

In Berlin war die Ausstellung "Wien - Berlin. Kunst zweier Metropolen" ein Publikumsmagnet. 130.000 Besucher haben sich für den großen Städtevergleich interessiert. Damit ist "Wien - Berlin." die erfolgreichste Ausstellung in der Geschichte der Berlinischen Galerie. Man wird sehen, ob sich das Belvedere über einen ähnlichen Zustrom freuen darf. Der Wettstreit der Metropolen geht in die nächste Runde.