Burgtheater im internationalen Vergleich

Im Zuge der Debatte um die finanzielle Krise im Burgtheater wurde Direktor Matthias Hartmann vom eigenen Ensemble scharf angegriffen. Auch von künstlerischer Seite habe es Misswirtschaft gegeben, hieß es etwa vergangene Woche, nachdem die Schauspieler Hartmann das Misstrauen ausgesprochen hatten: der Burgtheater-Direktor mache zu viele Produktionen. Doch wie schneidet das Burgtheater im internationalen Vergleich ab? Sebastian Fleischer hat bei anderen führenden Theaterhäusern in Europa recherchiert, wie es dort um Premierenzahlen, Ensemblegrößen und Produktionskosten bestellt ist.

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Mittagsjournal, 26.2.2014

Als Matthias Hartmann im Herbst 2009 seine Direktion im Burgtheater antrat, wollte er dem Haus ein neues Profil verpassen: Ein kreatives Erscheinungsbild mit wortspielerischen Slogans auf der Homepage, vor allem aber die Neuaufstellung des Repertoires prägte Hartmanns erste Spielzeit. 30 Premieren gingen über die Bühne; die teure Eröffnungssaison, heißt es, schlage sich bis heute in der Bilanz zu Buche. In der darauffolgenden Saison gab es 25, danach 28 Neuproduktionen. Erst in den letzten beiden Spielzeiten ging die Anzahl der Premieren auf 19 bzw. 18 zurück. Damit gleicht sich das Haus am Ring anderen großen Theatern im deutschsprachigen Raum an.

Vergleich zum deutschsprachigen Raum

Das Schauspielhaus Zürich verzeichnete in den vergangenen Spielzeiten jeweils 20 Premieren oder knapp darüber; das Thalia-Theater Hamburg, eine der größten Sprechbühnen Deutschlands, zeigt rund 15 Neuproduktionen pro Saison. Deutliche Unterschiede gibt es bei der zahlenmäßigen Stärke des Schauspiel-Ensembles: Während das Burgtheater nach deutlichen Reduktionen in den vergangenen Jahren jetzt bei 80 Ensemblemitgliedern hält, sind es am Thalia Theater 35. An Personalkosten fielen in Hamburg zuletzt achtzehneinhalb Millionen Euro an, in Wien sind es knapp 40 Millionen, wobei Hartmann den Personalaufwand um zwölf Prozent senken konnte. Wenn man die Zahlen vergleiche, komme man ins Staunen, sagt Joachim Lux, Intendant des Thalia Theaters und vor der Ära Hartmann Chefdramaturg am Wiener Burgtheater. Doch die Debatte, die derzeit um das kriselnde Haus am Ring geführt wird, hält Lux für gefährlich, seien solche Produktionsbedingungen doch auch ein Wert.

Vergleich zu Frankreich

Ein Zahlenvergleich aus dem nicht-deutschsprachigen Raum: Die traditionsreiche Pariser Comédie Francaise bringt im Jahr dreizehn bis fünfzehn Premieren heraus. Als einziges Nationaltheater Frankreichs mit einem fixen Ensemble beschäftigt sie 62 Schauspielerinnen und Schauspieler. Die staatlichen Subventionen betragen vierundzwanzigeinhalb Millionen Euro, das Burgtheater erhält mehr als das Doppelte. Erhöht wurde die öffentliche Förderung in den letzten Jahren weder in Wien noch in Paris. Und wie steht es um die Produktionskosten? Laut Analyse der KPMG-Prüfer liegen sie in der Direktion Hartmann durchschnittlich bei 3,6 Millionen Euro, am Schauspielhaus Zürich bei eineinhalb Millionen Euro. Das Hamburger Thalia Theater gibt für die Ausstattung nur 500.000 Euro pro Saison aus. In Deutschland, erklärt Intendant Joachim Lux, müssten alle Theater sparen, da die öffentliche Hand Kostensteigerungen nicht ausgleiche.

Auch das Burgtheater als größtes deutschsprachiges Sprechtheater müsse wirtschaftlich verantwortlich handeln, sagt Lux. Für ihn steht fest: Matthias Hartmann sei für die wirtschaftliche Krise des Burgtheaters mitverantwortlich.

Textfassung: Joseph Schimmer

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