Gül nickt umstrittene Justizreform in der Türkei ab

Die türkische Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyib Erdogan verschärft nicht nur ihre Kontrolle über das Internet. Sie verstärkt jetzt auch ihren Einfluss auf die Justiz. Staatspräsident Abdullah Gül hat heute eine umstrittene Gesetzesänderung unterschrieben, die der Regierung mehr Mitsprache bei der Ernennung von Richtern und Staatsanwälten ermöglicht.

Abendjournal, 26.2.2014

Gezielte Versetzungen

Die Regierung Erdogan kontrolliert nun die Justiz in der Türkei. Der zuständige Justizminister ist in Zukunft für die Ernennung und Beförderung von Staatsanwälten und Richtern zuständig, bisher war es ein unabhängiges Kontroll-Gremium. Damit ist der Machtkampf zwischen Ministerpräsident Erdogan und dem Prediger Gülen um eine Facette reicher. Denn Erdogan macht Gülen für die seit Mitte Dezember laufenden Korruptionsermittlungen gegen seine Regierung verantwortlich. In den vergangenen Monaten mussten vier Minister zurücktreten. Hunderte Staatsanwälte und Richter sind versetzt worden, ihnen wurde vorgeworfen, sie seien Anhänger des konservativen Predigers und an einer Verschwörung gegen die Regierung beteiligt.

Die Regierung Erdogan wird auch das Internet stärker kontrollieren, ein entsprechendes Gesetz hat Präsident Gül bereits in der vergangenen Woche unterzeichnet. Die Behörden können jetzt Internetseiten ohne richterlichen Beschluss innerhalb von vier Stunden sperren. Die Opposition befürchtet nun, Erdogan werde beide Gesetze dazu benutzen, um die Korruptionsermittlungen gegen seine Regierung zu behindern oder sogar zu unterdrücken.