Strasser relativiert "Agenten"-Geschichte
Seit heute steht Österreichs ehemaliger Innenminister und EU-Abgeordnete Ernst Strasser wieder wegen Bestechlichkeit vor Gericht. Der Oberste Gerichtshof hatte das erstinstanzliche Urteil - vier Jahre Haft - wegen Formalfehler angefochten. Zum Prozessauftakt bekannte Strassers Anwalt, die bisher vorgetragene "Agentengeschichte" sei etwas "überspitzt formuliert" gewesen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.3.2014
Aussagen "ein bisschen unpräzise"
"Ich möchte meine frühere Aussage präzisieren", sagt Strasser zu Beginn des Prozesses. Und sein Anwalt, Thomas Kralik ergänzt: Strassers Verantwortung im ersten Rechtsgang sei "ein bisschen unpräzise" gewesen. "Ich gebe schon zu, dass die Geschichte etwas überspitzt formuliert ist, aber im Kern trifft sie die Befürchtungen, die Dr. Strasser hatte."
Im ersten Prozess hatte Strasser erfolglos versucht, das Gericht davon zu überzeugen, er hätte britische Undercover-Journalisten von Anfang an für Vertreter eines westlichen Geheimdienstes gehalten und sich nur zum Schein auf die Gespräche mit ihnen eingelassen, um sie zu enttarnen.
Strasser: "Rote Linie" nicht überschritten
Tatsächlich sei er in einem "Spannungsverhältnis" gestanden zwischen dem legitimen Wunsch, einen Kunden für seine Firma zu akquirieren, und seiner Vorsicht angesichts des ungeklärten Hintergrunds der vermeintlichen Lobbyisten. Strasser habe nämlich von Anfang an Indizien dafür gehabt, dass die vermeintliche Lobbyingfirma der britischen Journalisten ("Bergman & Lynch") nicht existiere, so Kralik. Außerdem sei Strasser im Zusammenhang mit dem Flugpassagierdatenabkommen mit den USA klar gegen amerikanische Interessen eingetreten.
Strasser selbst bekannte sich in seinem Eingangsstatement "nicht schuldig" und wies die Vorwürfe der Anklage zurück: "Ich habe weder irgendwann zu irgendeiner Zeit zugestimmt, irgendwelche Gesetze zu beeinflussen und es gibt auch keinen Vertrag", so der Abgeordnete. Im Gegenteil habe er bei den Gesprächen mit den vermeintlichen Lobbyisten stets die "rote Linie" beachtet: "Ich habe versprochen für allgemeine Beratungen zur Verfügung zu stehen, sonst nichts." Dies werde auch durch die Videos belegt.
Auf Krücken ins Gericht
Strasser - für den weiterhin die Unschuldsvermutung gilt - kam, nach einem Skiunfall in Salzburg verletzt, auf Krücken und mit Gips zum Großen Schwurgerichtssaal. Bis auf ein "guten Morgen" konnten ihm die wartenden Journalisten nichts entlocken.
Wegen eines Fehlers in der Urteilsbegründung hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) das Urteil in erster Instanz gekippt - nun wird das Verfahren wiederholt