Israel: Wehrpflicht auch für Orthodoxe

Im israelischen Parlament werden diese Woche in verknüpften Abstimmungen drei äußerst wichtige Gesetze beschlossen, darunter auch die Wehrpflicht für Strengreligiöse. „Faule Tricks“ nennt die Opposition diese Paket-Abstimmung, weil es für die einzelnen Gesetze wohl keine Mehrheit geben würde, und ist aus Protest aus dem Parlament ausgezogen.

Mittagsjournal, 12.3.2014

Aus Israel

Boykott der Opposition

Seit vielen Jahren streitet man in Israel über den Armeedienst für Strengreligiöse, heute Vormittag hat das Parlament in Jerusalem die Frage endlich durch ein neues Gesetz geregelt – mit einem Abstimmungsergebnis von 65 zu eins. Gestern ist eine Abstimmung über ein anderes Gesetz gar mit 67 zu null ausgegangen. Das bedeutet aber keineswegs, dass da so große Einmütigkeit herrschen würde – ganz im Gegenteil: Anwesend war nämlich nur rund die Hälfte der Abgeordneten.

Die Opposition boykottiert eine ganze Woche lang die Abstimmungen und Debatten im Plenarsaal und tagt demonstrativ in einem separaten Raum. Sie protestiert auf diese Weise dagegen, dass drei wichtige Gesetze, die nichts miteinander zu tun haben, von der Regierungskoalition im Paket durchgedrückt werden. Es geht dabei um die drei vielleicht brisantesten Reform- und Gesetzesvorhaben dieser Legislaturperiode: eben die Wehrpflicht für die Strengreligiösen; ein so genanntes „Regierbarkeitsgesetz“ mit Erhöhung der Sperrklausel bei Parlamentswahlen von zwei auf 3,25 Prozent; und ein „Volksabstimmungsgesetz“, das jeden Verzicht auf israelisches Staatsgebiet von einem Referendum abhängig machen wird.

Vorbehalte auch innerhalb der Regierung

Das "Regierbarkeitsgesetz" wurde schon gestern ohne Gegenstimme beschlossen. Die Drei-ein-Viertel-Prozent-Hürde soll das Land leichter regierbar machen, indem es verhindert, dass winzige Fraktionen im Parlament sitzen. In Österreich gibt es ja mit vier Prozent eine noch höhere Hürde. Die Entscheidung ist aber deswegen heikel, weil die drei arabischen Parteien bei je rund drei Prozent liegen und jetzt Gefahr laufen, den Sprung ins Parlament nicht mehr zu schaffen.

Auch gegen die beiden anderen Gesetze gibt es Vorbehalte – nicht nur von der Opposition, sondern auch innerhalb der Koalition. So lehnen Abgeordnete der liberalen "Bewegung" die Idee des Referendums ab, dem siedlernahen "Jüdischen Heim" wiederum gefallen Einzelheiten der Wehrdienstreform nicht.

Umstrittene Paket-Lösung

Weil es für jedes Gesetz einzeln keine Mehrheit gäbe, haben die Führungen der vier Regierungsparteien vereinbart, alles zu verknüpfen – unter Fraktionszwang und mit verkürzten Debatten. Aus der Sicht der Opposition sind das "Mafia-Methoden". "Diese Schritte überschreiten die grundlegendsten roten Linien der israelischen Demokratie", sagt Jizchak Herzog, der Chef der Arbeiterpartei. Die Regierung bezeichnet ihrerseits den Auszug der Opposition aus dem Plenum als "undemokratisch" und "kindisch".

Das letzte der drei Gesetze, jenes über die Volksabstimmung, soll noch heute Abend beschlossen werden. Und was das Wehrdienst-Gesetz betrifft, so fangen damit die Probleme erst so richtig an. Es schafft einerseits eben keine Gleichheit, weil es bloß eine graduelle Eingliederung der strengreligiösen jungen Männer in die Armee vorsieht. Andererseits wird es eben von den Strengreligiösen vehement abgelehnt.

Übersicht

  • Naher Osten
  • Verteidigung