Nach Wahlschlappe: Was macht Hollande?
Frankreichs Sozialisten haben bei der gestrigen Kommunalwahl eine historische Niederlage erlitten: 155 größere Städte sind an die Konservativen gefalle. Zugleich wird die Nationale Front in rund einem Dutzend Städten in den nächsten sechs Jahren den Bürgermeister stellen. Nun richten sich alle Blicke auf Francois Hollande, der reagieren muss - eine Kabinettsumbildung könnte noch heute vollzogen werden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.3.2014
Aus Paris,
Rechte erstarkt
Frankreichs Sozialisten haben bei den gestrigen, landesweiten Kommunalwahlen eine herbe, ja historische Niederlage erlitten: es ist das schlimmste Wahlergebnis für die Linke bei Kommunalwahlen überhaupt. 155 Städte mit mehr als 9.000 Einwohnern sind an die Konservativen gefallen, darunter die viertgrößte Stadt des Landes, Toulouse und eine ganze Reihe historischer Hochburgen, wie die zentralfranzösische Stadt Limoges. Gleichzeitig wird die Nationale Front in rund einem Dutzend Städten in den nächsten 6 Jahren den Bürgermeister stellen. Dass die Hauptstadt Paris, die Rhone Metropole Lyon und die ostfranzösischen Städte Metz und Strasbourg weiter sozialistisch bleiben, ist dabei nur ein schwacher Trost für die Partei des Präsidenten.
Hollande unter Zugzwang
Nach dem Debakel für die Sozialisten richteten sich heute Vormittag alle Blicke auf Francois Hollande, der in der einen oder anderen Form sein Schweigen rechen und regieren muss - eine Kabinettsumbildung könnte noch heute vollzogen werden. Aus Paris, Hans Woller
Die Pariser Gerüchteküche brodelt, Spekulationen machen permanent die Runde darüber, wie und wann Staatspräsident Hollande auf diese definitive Schlappe seines politischen Lagers bei den Kommunalwahlen nach einwöchigem Schweigen reagieren wird. Glaubt man den drei Info TVs, so wird der Staatspräsident sich noch heute Abend an die Franzosen wenden, was wiederum bedeuten würde, dass eine Regierungsumbildung noch am Nachmittag bevorsteht. Denn, so der Meinungsforscher Jean Marie Lech: Diese Wahlen sind ein Referendum gegen Präsident Francois Hollande und die Art und Weise, wie er regiert. Er muss klar machen, ob er die Regierung auswechselt. Die Frage ist: wird er auch eine andere Politik ankündigen. Er hätte ein Interesse daran, wenn er nicht auch die nächsten Wahlen verlieren will: die Europawahlen, sehr bald, die Regionalwahlen ein wenig später.
Keine französische Tageszeitung, in der heute Morgen nicht ein ganzseitiges Photo von Präsident Hollande erschienen wäre, mit Titeln wie: Die Bestrafung – so Libération, „ Verurteilt zum Wandel“ meint le Parisien und Le Figaro spricht gar von einem Tsunami und einer blauen, konservativen Welle, die über den Präsidenten hinweg gegangen sei.
Setzen Sozialisten auf Delanoe?
Währenddessen haben die Manöver zu einer Regierungsumbildung am Vormittag offensichtlich bereits begonnen. Um 10 Uhr war Innenminister Valls im Elyseepalast von Präsident Hollande empfangen worden – ein möglicher und sehr ehrgeiziger Kandidat für die Nachfolge von Jean Marc Ayrault als Premierminister - ein Vertreter des rechten Parteiflügels der Sozialisten, bei dem allerdings die Grünen angekündigt haben, im Fall seiner Ernennung würden sie ihre Ministerämter aufgeben und die Regierung verlassen. Für Präsident Hollande würde sich damit zu dem ohnehin schon bestehenden Problemberg noch eine weitere Krise hinzufügen.
Um 13 Uhr empfängt er Premierminister Jean Marc Ayrault zum Mittagessen und kaum jemand will glauben, dass der müde und erschöpft wirkende Regierungschef auch am Ende dieses Mittagessens noch Premierminister ist und einer veränderten Regierung vorstehen könnte.
Glaubt man der Gerüchteküche, so optiert der Präsident weder für die Lösung Valls noch für ein Beibehalten von Ayrault, sondern sucht einen dritten Weg: der scheidende Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoe, wurde in den letzten Stunden immer häufiger genannt: zwölf Jahre relativ erfolgreich Politik in Paris, das er seiner Nachfolgerin in geordneten Verhältnissen überlassen hat, erste Kontakte zu Frankreichs Grünen und Kommunisten, allerdings : keinerlei Regierungserfahrung.
Das ganz große Problem für Francois Hollande wird allerdings sein, dass eine Kabinettsumbildung und ein neuer Premierminister normalerweise auch eine neue Politik verkörpern – dafür allerdings scheint der Handlungsspielraum des Präsidenten – siehe Haushaltsdefizit und Staatsverschuldung- mehr als gering.