U-Ausschüsse: Deutschland ist anders

Die Grünen fordern heute einmal mehr einen Untersuchungsausschuss zur Kärntner Hypo und eine Reform der U-Ausschüsse an sich. SPÖ und ÖVP versprechen so eine Reform seit Jahren, und zwar ausdrücklich nach dem Modell des Deutschen Bundestages. Dort hat die große Koalition sogar beschlossen, dass die Opposition künftig noch leichter einen U-Ausschuss einberufen kann.

Mittagsjournal, 7.4.2014

Vorbild Berlin

Die Vereinbarung vom 26. August 2009 trägt die Unterschriften der damaligen Klubobleute Josef Cap (SPÖ) und Karlheinz Kopf (ÖVP). Zitat: "Die...laufenden Verhandlungen über die Ausgestaltung der Einrichtung von Untersuchungs-Ausschüssen als Minderheitsrecht werden auf Basis der bisherigen Vorarbeiten, Modell des Deutschen Bundestages, intensiviert und beschleunigt."
Ein ähnliches Papier aus dem Jahr 2010 nennt wieder als Vorbild den deutschen Bundestag. Wichtigster Unterschied zu Österreich: Dort kann eine Minderheit einen Untersuchungsausschuss einsetzen, bisher mit 25 Prozent, künftig sogar mit rund 20 Prozent der Stimmen.

Bundestagmandatare dürfen mehr

In Österreich dagegen bestimmen die Regierungsparteien, ob staatliche Missstände untersucht werden oder nicht. Die Regierungsparteien können in Österreich auch jederzeit Zeugenaussagen oder Aktenvorlagen im Ausschuss verhindern.

In Deutschland geht das nicht. Auch ein sofortiges Beenden eines Untersuchungsausschusses, sobald er für die Regierung unangenehm wird, wäre in Deutschland nicht möglich.

Auch vom Inhalt her sind die deutschen Parlamentarier freier: Während in Österreich nur staatliches Handeln untersucht werden darf, kann sich der deutsche Bundestag grundsätzlich mit allem befassen, was im öffentlichen Interesse liegt, sofern das nicht gegen die Verfassung verstößt.

Strengere Strafen

Ein Untersuchungsausschuss in Deutschland hat auch starke Sanktionsmöglichkeiten: Bei Akten- oder Aussageverweigerung drohen Geldstrafen bis zu 10.000 Euro und Haft bis zu sechs Monaten. Beschlagnahmen und Hausdurchsuchungen können angeordnet werden.

Die Mittel eines österreichischen Untersuchungsausschusses sind eher symbolischer Natur: 1.000 Euro Geldstrafe, die aber erst ein Gericht verhängen muss. Und wenn sich eine Auskunftspersonen der Befragung entziehen will, genügt hierfür in der Praxis eine Auslandsreise.

Mehr Vorsorge und Schutz

Auch unter Transparenz versteht man im Bundestag etwas anderes: Wenn Minister oder die Bundeskanzlerin befragt werden, wird das im Fernsehen übertragen. In Österreich dagegen müssen Kameras und Mikrofone draußen bleiben. Die Folge: zu sehen und zu hören ist oft nicht, was im Ausschuss tatsächlich war, sondern wie das Politiker verschiedener Parteien darstellen wollen.

Andererseits gibt es im deutschen Bundestag eine streng abgestufte "Geheimschutzverordnung" - während in Österreich immer wieder Unterlagen aus dem Umfeld des Untersuchungsausschusses den Weg an die Öffentlichkeit finden. Was es den Regierungsparteien leicht macht, Untersuchungsausschüsse generell in ein schlechtes Licht zu rücken, Stichwort: Tribunal.

Auch für Streitfälle ist in Deutschland vorgesorgt: Da entscheidet ein Richter, wie es im Ausschuss weitergehen kann. Für grundsätzliche Fragen ist das Bundesverfassungsgericht zuständig. In Österreich ist das anders, hier gilt: im Konfliktfall entscheidet der Stärkere. Also die Regierungsparteien.