Moskau kontrolliert Social Media

Die russischen Behörden und Geheimdienste greifen nun auch in soziale Netzwerke ein. Das russische Pendant zu Facebook, "Vkontakte", steht nach Angaben seines Gründers, Pawel Durow, faktisch unter Kontrolle des Kremls. Durow selbst hat Russland verlassen, nachdem er von seinem Unternehmen gefeuert wurde.

Mittagsjournal, 23.4.2014

Zum Verkauf "gezwungen"

Der Abtritt des Gründers des Netzwerks Vkontakte, Pawel Durow, wirkt undurchsichtig. Ende März hatte er nämlich selbst seine Kündigung eingereicht, nur um kurz darauf der fassungslosen Internetgemeinde zu erklären, es sei ein Aprilscherz gewesen. Ein Scherz, der nun jedenfalls keiner mehr ist. Laut Dmitri Sergejew, Interimschef des Netzwerks, habe Durow seinen Rücktritt nicht korrekt zurückgezogen, damit trete dieser jetzt automatisch in Kraft.

Durow selbst vermutet hingegen politische Gründe hinter seiner Entlassung. Zuletzt sei er vom russischen Geheimdienst FSB aufgefordert worden, Daten von prowestlichen Aktivisten in der Ukraine herauszugeben. Er habe sich geweigert, dafür aber seinen Unternehmensanteil von 12 Prozent verkaufen müssen. Nun gehört "Vkontakte" vollständig zwei Investmentunternehmen, hinter denen Milliardäre aus dem engsten Umfeld von Präsident Putin stehen, darunter Russlands reichster Oligarch Alischer Usmanow.

Bedrohung für politische Stabilität

Allerdings war es Durow selbst, der seine Anteile an Usmanow verkaufte und ihn so zum Mehrheitseigentümer machte. Organisiert hatte den Verkauf damals Igor Setschin, Chef des staatlichen Ölkonzerns Rosneft und ebenfalls Vertrauter von Putin.

Nun stehe das soziale Netzwerk de facto unter der Kontrolle des Kremls, kritisiert Pawel Durow. Der 29-jährige legte sich schon mehrfach mit den russischen Behörden an. So weigerte er sich auch, Gruppen des Oppositionspolitikers Nawalnij zu schließen.

Politische Beobachter sehen im Angriff auf das soziale Netzwerk eine Reaktion des Kremls auf die angebliche Unterwanderung Russlands durch westliche Geheimdienste. Zudem würden soziale Netzwerke als Bedrohung für die politische Stabilität empfunden.

"Heimat für immer verlassen"

Pawel Durow machte Vkontakte zum größten sozialen Netzwerk in Russland, es ist mit mehr als 200 Millionen Nutzern beliebter als Facebook, die meisten Nutzer gelten als liberal gesinnt. Vertreter der Mehrheitseigentümer geben nun nach außen hin zerknirscht, man hoffe, der geniale und visionäre Durow bleibe dem Unternehmen als Chefplaner erhalten. Dieser denkt nicht daran: Er habe seine Heimat für immer verlassen, erklärt Durow im Gespräch mit einer amerikanischen Website. Zuvor hatte er erklärt, dass er froh sei, siebeneinhalb Jahre durchgehalten zu haben. Und vieles von dem, was mit Vkontakte erreicht worden sei, sei nicht mehr rückgängig zu machen.

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