Oper von HK Gruber

Geschichten aus dem Wiener Wald

HK Gruber vertont bei den Bregenzer Festspielen Ödön von Horváths Theaterstück. Ö1 überträgt die Uraufführung am 23. Juli live.

"Er übernahm die aus Filmen, Operetten und Dramen bekannten pensionierten Rittmeister, die süßen Mädel, die nichtsnutzigen Hallodri, die familiensüchtigen Kleinbürger; er übernahm den Plüsch, aber er klopfte ihn aus, dass die zerfressenen Stellen sichtbar wurden. Er zeigte die Vorder- und die Kehrseite der überkommenen Wiener Welt. Er ließ diese Leute ihre Lieder singen, ihren plauschenden Dialekt sprechen, ihre Heurigenlokale trunken durchwandern und zeigte darüber hinaus die Faulheit, die Bosheit, die verlogene Frömmigkeit und die Borniertheit, die hinter und in jenen marktgängigen Eigenschaften stecken. Er zerstörte nicht nur das überkommene Wiener Figuren-Panoptikum, er gestaltete ein neues, echteres." Diese Worte hatte 1931 Erich Kästner in der "Neuen Leipziger Zeitung" über das Theaterstück "Geschichten aus dem Wiener Wald" von Ödön von Horváth geschrieben.

Das im Deutschen Theater Berlin uraufgeführte Stück darf als das bekannteste des österreichisch-ungarischen Schriftstellers bezeichnet werden, sogar schon vor der Uraufführung hatte es auf Vorschlag von Carl Zuckmayer den Kleist-Preis erhalten. Bis heute gehört das Werk zu den Klassikern des Theaterrepertoires und gleich mehrfach wurde das Stück auch verfilmt, wobei es sich bei der berühmtesten Verfilmung zweifellos um jene des ORF aus dem Jahr 1961 handelt - mit Größen wie Helmut Qualtinger, Jane Tilden, Fritz Eckhardt, Johanna Matz und Hans Moser.

Die bittere Satire über die Verlogenheit des Kleinbürgertums, ironisch benannt nach dem berühmten, melodienreichen Walzer von Johann Strauß (Sohn), ist ein Werk, in dem die gepriesene "Wiener Gemütlichkeit" zu einer hohlen Floskel geworden ist: Die Geschichte um das "süße Mädel" Marianne und dem biederen Fleischhauer Oskar ist tragisch-brutal und spiegelt die von Existenzängsten geprägten 1920er Jahre wider. Schon Ödön von Horváth hatte an eine Musiktheaterfassung dieses Werkes gedacht. Kurt Weill, der mit sozialkritischen Werken wie "Die Dreigroschenoper" oder "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" erfolgreich war, so dachte er, könne ein geeigneter Komponist sein, doch diese Idee zerschlug sich.

Also liegt es jetzt - im Auftrag der Bregenzer Festspiele - an HK Gruber, das berühmte Theaterstück in Musik zu setzen; die Idee dazu stammt von Regisseur Michael Sturminger, der auch das Libretto geschrieben hat. Mit ihm hat HK Gruber bereits 2005 bei der Oper "Der Herr Nordwind" zusammengearbeitet. Für HK Gruber sind die "Geschichten aus dem Wiener Wald" mit ihrer Schärfe, ihrer Treffsicherheit und beißenden Sozialkritik "ein zeitloses Stück von Brechtschem Format"; Brecht selbst hatte das Werk als "Wiener Volksstück gegen das Wiener Volksstück" bezeichnet. Für den Intendanten David Pountney, der die Bregenzer Festspiele 2014 verlässt, markiert diese Uraufführung einen letzten Höhepunkt seiner Ära: Geschichten aus dem Wiener Wald ist bereits die fünfte bedeutende Bregenzer Premiere der vergangenen Jahre.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen beim Spiel am See und in der Oper ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

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