Paris: Linke Mehrheit schwächelt

In Frankreich haben die neue Regierung von Premierminister Manuel Valls bei der Durchsetzung eines 50 Milliarden Sparpakets eine erste symbolische Hürde genommen: Die Nationalversammlung sprach sich mit 265 gegen 232 Stimmen dafür aus. Und doch war diese Abstimmung ein Dämpfer - über 40 Abgeordnete der sozialistischen Fraktion enthielten sich der Stimme, zwei votierten sogar dagegen.

Mittagsjournal, 30.4.2014

Aus Paris,

Spiegelbild für Rechtsruck

"Reduzierte Mehrheit", "Valls auf schmalem Grad" oder "Das erschütterte Vertrauen" - so Titel der französischen Presse zur Abstimmung der Nationalversammlung, bei der der Regierung insgesamt 43 Stimmen aus dem eigenen Lager fehlten. Der linke Parteiflügel der Sozialisten, der das Spar- und Stabilitätsprogramm mit Einfrieren von Pensionen und Sozialleistungen für sozial ungerecht hält, hat den Aufstand geprobt. Die Reaktionen, die sie in den letzten Wochen und Monaten in ihren Wahlkreisen auf die Politik des Staatspräsidenten bekämen, seien katastrophal, sagen sie. Dabei wäre das Ergebnis noch wesentlich knapper ausgefallen, hätten sich nicht auch die meisten Abgeordneten der zur Opposition gehörenden Zentrumspartei UDI der Stimme enthalten. Von daher ist das Abstimmungsergebnis auch ein Spiegelbild für einen Rechtsruck der Politik von Präsident Hollande und seiner Hinwendung zu einer Angebotspolitik.

Warnschuss für Valls

Der Regierungschef jedenfalls, der mehrmals betont hatte, dass er für das Sparpaket die volle Verantwortung übernehme, wirkte nach der Abstimmung fast ein wenig kleinlaut: "Dank an die Mehrheit für diese Unterstützung. Es ist wichtig, dass das Parlament abstimmt, wenn Entscheidungen getroffen werden, die das Land auf seinem Weg in die Zukunft festlegen und bei denen es auch um seine Glaubwürdigkeit in Europa geht. Ich bleibe überzeugt, dass diese Abstimmung über das Sparpaket ein wichtiger Gründungsakt für die verbleibende Amtszeit des Staatspräsidenten ist. Es ist ein wichtiger Augenblick für unser Land und ich glaube, die Franzosen werden die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen. "

Allerdings war diese Abstimmung auch ein Warnschuss für den ehrgeizigen Premierminister, der nun mit einiger Sorge in die Zukunft blickt und weiß, dass er bei kommenden, wichtigen Abstimmungen, wie etwa beim Haushaltsentwurf 2015, wenn es wirklich ans Eingemachte geht, jedes Mal erneut um eine Mehrheit in seinem eigenen Lager wird kämpfen müssen.

Gespenst einer Parlamentsauflösung

Entsprechend sagte der Clubchef der konservativen UMP Fraktion , Christian Jacob, etwas überspitzt: "Es ist eine echte Niederlage und ein Riss in einer Mehrheit, die sich auflöst. Ein Premierminister, der drei Wochen nach der Vertrauensfrage 40 Stimmen weniger bekommt, das hat man in der 5. Republik noch nie gesehen. Es ist ein Beweis, dass diese Mehrheit nicht mehr zusammenhält und der Präsident nicht mehr fähig ist, Reformen durchzubringen. "

Angesichts der katastrophalen Popularitätswerte des Staatspräsidenten zwischen 17 und 21 Prozent und einer parlamentarischen Mehrheit, die immer brüchiger wird, geistert seit einigen Wochen bereits regelmäßig das Gespenst einer Parlamentsauflösung durch die politische Landschaft Frankreichs. Die Konsequenz daraus wäre jedoch am Ende wieder einmal eine Kohabitation, die dem Land momentan aber niemand ernsthaft wünschen kann.