Ukraine: "Help Army" versorgt Soldaten
Die letzten haben es gezeigt: Die ukrainische Armee ist der überraschenden Konfrontation mit den Separatisten und dem verstärkten Grenzschutz zu Russland nicht gewachsen. Freiwillige wurden einberufen, doch die Versorgung der Soldaten funktioniert nur teilweise. In Charkiv, der zweitgrößten ukrainischen Stadt, bemühen sich Freiwillige, meist Frauen, darum, die ukrainischen Soldaten mit dem Nötigsten zu versorgen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 28.5.2014
Aus Charkiv
Helfen am Tag der Grenzsoldaten
Im Hinterzimmer eines kleinen Ladens im Zentrum von Charkiv ist das winzige Büro umfunktioniert worden: Junge Frauen stehen hier und bemalen T-Shirts. "Wir bringen die unseren verwundeten Soldaten ins Spital", erklärt Sascha, die die Idee zu der Aktion hatte. Der 28. Mai ist Tag der Grenzsoldaten. Die Ukrainerinnen wollen sich bei den Soldaten bedanken, die sie "in dieser schwierigen Lage beschützen", erzählt Sascha.
Auch Kateryna Makarenko ist unter den Frauen. Die 27-Jährige ist Hauptorganisatorin von "Help Army", einem losen Zusammenschluss mehrere kleiner Initiativen in Charkiv, die den ukrainischen Soldaten helfen wollen. "Angefangen haben wir auf der Krim", sagt Kateryna. "Als wir da im März erfahren haben, dass unsere Soldaten dort von der Versorgung abgeschnitten sind, schnappten wir uns einen Minibus, füllten ihn mit Obst und Essen und fuhren los."
"Der Staat sind wir"
Jetzt kümmert sich Help Army um die Grenzposten in Charkiv und die ukrainischen Soldaten in Donezk und Lugansk. "Wir haben zunächst einmal Geld gesammelt. Wissen Sie, unsere Armee ist den vergangenen 20 Jahren total vernachlässigt worden", erzählt Kateryna. Es fehle an Kleidung, Zelten, Bettwäsche, schusssicheren Westen. Die Mitglieder von "Help Army" sind an die Grenze gefahren, haben geschaut, was fehlt, und es den Soldaten gebracht.
"Wissen Sie", sagt Kateryna Makarenko auf die Frage, was der Staat tue, "der Staat sind wir". Die Menschen hätten sich in den langen Jahren der Sowjetunion daran gewöhnt, dass der Staat sie versorgt, meint Kateryna. Doch der Staat sei kein mythisches Gebilde: "Das sind wir, wir bauen den auf. Das haben wir auch am Maidan begriffen und jetzt eben hier." Wenn die staatlichen Strukturen derzeit also zu langsam seien, um die ukrainischen Soldaten zu versorgen, dann müssten die Menschen eben einspringen. "Es ist unser Land", fügt sie hinzu.
Kochen, koordinieren, kaufen und transportieren
So wie Kateryna denken viele in Charkiv und unterstützen die Initiative: mit Geld, Lebensmitteln, Autos für den Transport oder sie arbeiten einfach auf freiwilliger Basis mit. Wie auch Anna Geraschenko: Vor ihr stehen ein Sack Medikamente und mehrere Kanister Trinkwasser, die sie zu den Grenzposten bringen will. "Ich bin nur eine von hunderten von 'Help Army' hier", sagt Anna. "Die eine kocht, die andere koordiniert, ich mache halt die Einkäufe und den Transport. Wir sind alle eng vernetzt, tauschen Informationen, was wo gebraucht wird."
Wie sie arbeiten hier alle in ihrer Freizeit, vor und nach der regulären Arbeit. Das sei schrecklich anstrengend, sagt Anna. "Wir hoffen, dass alles bald gut vorbeigeht. Während ich mich um die Wäsche für die Soldaten kümmere, merke ich, dass meine eigenen Kinder kaputte Socken haben." Aber es gebe derzeit eben andere Prioritäten.
Doch so schrecklich alles ist, diese Hilfsbereitschaft gebe auch Mut, sagt Anna Geraschenko: "Was wir hier machen, das ist eigentlich der Aufbau einer Zivilgesellschaft, wo jeder einzelne Verantwortung übernimmt."