"Anti-Juncker-Gipfel" in Schweden: Spiel auf Zeit

Im Streit um den Top-Posten in der Europäischen Union setzen die Juncker-Gegner und Befürworter auf Zeit. Bei einem Mini-Gipfeltreffen in Harpsund in Schweden haben der britische Premierminister David Cameron und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vereinbart, zunächst die politischen Projekte für die nächsten fünf Jahre festzulegen. Dann erst soll über Personalien diskutiert werden.

David Cameron und Angela Merkel

(c) APA/EPA/ANDERS WIKLUND

Mittagsjournal, 10.6.2014

"Juncker nicht Hauptthema"

Als Bootsfahrt mit Freunden wurde das Treffen am Sommersitz des Schwedischen Premierministers inszeniert. Frederik Reinfeld saß zwar am Ruder, doch das eigentliche Sagen an Bord hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel - oder doch der britische Premierminister David Cameron? Er hat versucht, seine potentiellen Mitstreiter im Bemühen, den siegreichen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsidenten zu verhindern, einzuschwören. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte und Frederik Reinfeldt sind tendenziell briten-freundlich und zudem gegen einen Automatismus bei der Bestellung dieses EU-Top-Jobs. Doch Angela Merkel stellt nach dem Harpsund-Treffen klar: " Ich habe gesagt, dass Jean-Claude Juncker für mich der Kandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten ist, dass ich ihn auch als Kommissionspräsident haben möchte. So habe ich es in Deutschland gesagt und so sage ich es hier gerne wieder. Aber das ist nicht unser Hauptthema hier gewesen."

Schachzug von Merkel?

Denn das von Merkel genannte wichtigere Thema ist das Zukunftsprogramm für die EU. Ein möglicherweise kluger Schachzug, um Cameron von seinen Verbündeten zu trennen. Denn sowohl der niederländische, als auch der schwedische Premier unterstützen dieses Bestreben. Mark Rutte: "Ich glaube auch, dass wir zuerst über den Inhalt und dann über Personalentscheidungen reden sollten. Ich freue mich, dass wir bei den Zukunftsfragen eine große Übereinstimmungen haben."

Auch Frederik Reinfeldt stimmt dem zu - und David Cameron kann schwer dagegen sein. Immerhin verlangt er einen reformierte EU als Grundlage sämtlicher weiterer Entscheidungen: "Ich will, dass Großbritannien in einer reformierten Europäischen Union bleibt, das ist mein Ziel. Das ist gut für Großbritannien und auch gut für Europa. Natürlich entscheidet über den Verbleib in der EU das Programm der nächsten Jahre. Gelingen uns Reformen, mehr Wettbewerbsfähigkeit, Flexibilität und weniger Einmischung, und haben wir Leute, die Europa dort hinbringen?"

Symbolhafte Schwimmwesten

Einigkeit herrscht unter den drei Männern bei der Frage, dass es keinen Automatismus geben solle. Also dass Jean-Claude Juncker nicht automatisch als EU-Kommissionspräsident durch den Rat der EU-28 gewunken werden könne, nur weil es das EU-Parlament so will. Hier wiederum verlangt Angela Merkel Gesprächsbereitschaft aller Seiten: "Insofern wissen wir, dass wir nicht alleine die Dinge bewegen können, aber das Parlament ist in er Situation, dass der Rat einen Vorschlag zu machen hat. Und wenn wir klug sind, dann respektieren wir uns doch als unterschiedliche Institutionen."

Cameron hingegen pflichtet Angela Merkel bei, wenn es um Fragen des Sozialmissbrauchs geht, es sei im Interesse aller, Sozialtourismus zu unterbinden. Eine Tür scheint sich aufzutun im Streit um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten. Offenbar ist doch kein Teilnehmer dieses Treffens ohne Rückzugsstrategie nach Harpsund gereist - darauf deuten auch die Schwimmwesten hin, die die vier bei ihrer Bootsfahrt getragen haben.

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