Tauziehen um Alstom in Endphase
In Frankreich scheint der Wochen dauernde Übernahmepoker um den Energie- und Transportkonzern Alstom in der Endphase. Am Ende des Bieterstreits mit Siemens hat nun doch der US-Konzern General Electric die Nase vorn. Allerdings will der französische Staat 20 Prozent der Anteile an Alstom erwerben - seit gestern Abend scheint das gesichert.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 23.6.2014
"Wirtschaftspatriotismus"
General Electric hatte im April ein Übernahmeangebot von 12 Milliarden Euro gemacht, der französische Staat intervenierte und motiviert den Siemens-Konzern zu einem Gegenangebot. "Wirtschaftspatriotismus" nennt das Frankreichs Wirtschaftsminister Montebourg und begründet die Intervention des Staates im Bieterstreit um Alstom mit strategischen Interessen - Alstom liefert schließlich die Dampfturbinen für Frankreichs Atomkraftwerke. "Überkommener Staatskapitalismus" kontern wirtschaftsliberale Stimmen in und außerhalb Frankreichs. Präsident Hollande hatte das Thema seit Wochen sogar zur Chefsache gemacht: "Was jetzt erreicht wurde, ist ein Fortschritt für Frankreich", so der Präsident am Tag bevor klar war, dass der französische Staat tatsächlich 20 Prozent der Alstom-Anteile übernehmen wird – vom bisherigen Hauptaktionär des Konzerns, dem Bauriesen Bouygues. Er wird damit zum größten Anteilseigner des französischen Traditionsunternehmens.
Wirtschaftsminister Montebourg gestern Abend: "Wir haben letztlich eine industrielle Schlacht gewonnen - ein Joint Venture, anstatt dass Alstom geschluckt und zerpflückt wird, was wir, die Regierung, viele Franzosen und die Gewerkschaften gefürchtet hatten." General Electric hat in seinem Angebot für mehrere Joint-Ventures mit Alstom – darunter im Nuklear-Sektor - auch die Schaffung von 1.000 Arbeitsplätzen in Frankreich zugesichert und den Verbleib des Managements von mehreren Alstom-Sparten im Land.
Preis für Steuerzahler?
Was die staatliche Beteiligung bei Alstom angeht, erhoben sich in Frankreich gestern Abend bereits mehrere kritische Stimmen, darunter die des Wirtschaftsprofessors Philippe Dessertine: "Man fragt sich, welchen Preis zahlt der Staat und damit der Steuerzahler. Normalerweise hätte der Staat in dieser Angelegenheit nicht hinzugezogen werden müssen. Und eigentlich hat der Staat heute auch nicht die Mittel, um sich an diesem Konzern zu beteiligen."
Für Siemens, im Bieterstreit zuletzt gemeinsam mit Mitsubishi angetreten, ist dieses Ergebnis ein harter Schlag - der Versuch, den amerikanischen Konkurrenten gerade im Gasturbinengeschäft aus Europa fernzuhalten, scheint gescheitert.
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