Cameron fordert Abstimmung über Juncker

Beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag in Brüssel dürfte es zum Showdown um die Bestellung des nächsten EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker kommen. Der britische Premier David Cameron wird Juncker zwar nicht verhindern können. Entgegen den bisher üblichen Konsensentscheidungen verlangt Cameron aber eine Abstimmung.

Morgenjournal, 24.6.2014

Cameron fix gegen Juncker

Der Eindruck der Herzlichkeit sollte gestern gar nicht erst vermittelt werden, als der britische Premierminister David Cameron Besuch aus Brüssel empfing. Gerade etwas mehr als 40 Minuten war EU-Ratspräsident Herman van Rompuy zu Gast, der den Gipfel der Staats- und Regierungschef Ende der Woche vorbereitet. Kein Lächeln auf den spärlichen Fotos, die das Amt des Premierministers verbreitet hat, keine offiziellen Stellungnahmen. Nur über den Kurznachrichtendienst Twitter ließ Cameron ausrichten, er habe van Rompuy gesagt, dass beim EU-Gipfel über den Kommissionspräsidenten abgestimmt werden müsse.

Aus seiner Ablehnung von Jean-Claude Juncker hat Cameron schon in den letzten Tagen und Wochen keinen Hehl gemacht: "Ich werde da bis zum Schluss dagegen halten und meine Meinung dazu nicht ändern." Cameron hält Jean-Claude Juncker für einen Vertreter des Weiter-wie-bisher in der EU. Für mehr Macht zurück an die Nationalstaaten, wie es vor allem die Briten fordern, hatte Juncker bisher wenig übrig. Darüber hinaus haben die Spitzenkandidaten der EU-Wahl in Großbritannien keine Rolle gespielt.

Schlechter Start mit Gegenstimmen

Verhindern werden die Briten Juncker aber nicht mehr können. Die letzte Hoffnung darauf ist am Wochenende geplatzt. Da haben sich auch der französische Präsident Francois Hollande und der italienische Premier Matteo Renzi für den Christdemokraten Juncker als Kommissionspräsidenten ausgesprochen, sofern die Sozialisten im bevorstehenden EU-Postenkarussell auch bedient werden.

Aber die von Cameron geforderte Abstimmung beim EU-Gipfel hätte Ratspräsident Herman van Rompuy gerne vermieden. Wenn sich dabei weitere Juncker-Gegner outen, ist das kein guter Start für einen neuen Kommissionspräsidenten. Cameron gibt die Abstimmung die Möglichkeit, sich der britischen EU-skeptischen Öffentlichkeit als Kämpfer gegen, wie er es sieht, Brüsseler Machenschaften darzustellen. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters wollte eine Sprecherin Camerons gestern erstmals nicht mehr ausschließen, dass der Premierminister bei geplanten EU-Referendum 2017 den Briten den Austritt nahelegt.