Experte: Keine Alternative zu Maliki im Irak

Im Irak sind die sunnitischen ISIS-Milizen, die einen Gottesstaat errichten wollen, weiter im Vormarsch. Die Armee hat wenig entgegenzusetzen, und der schiitische Ministerpräsident Nuri al Maliki zeigt wenig Willen, alle ethnischen und religiösen Gruppen an einer Regierung zu beteiligen. Genau das haben aber die USA gestern deutlich gefordert. Nahost-Experte Henner Fürtig ist skeptisch.

Mittagsjournal, 24.6.2014

Nahost-Experte Heiner Fürtig im Gespräch mit Fabio Polly

Keine Alternative zu Maliki

Fürtig ist skeptisch, ab der irakische Regierungschef Maliki tatsächlich umdenkt und bereit ist, Macht abzugeben und die anderen Volksgruppen tatsächlich einzubinden. Doch sollte er das nicht tun, dann müsse er damit rechnen dass der ISIS-Vormarsch auf Bagdad weitergeht. "Das Problem ist nur, die Parlamentswahl hat zwar dieses Jahr stattgefunden. Selbst ohne ISIS-Vorstoß hat man nicht ernsthaft damit gerechnet, dass eine neue Regierung vor Anfang 2015 steht." Ein Rücktritt Malikis läge zwar in der Luft, aber es gebe keine vernünftige Alternative, so Fürtig. Aus der letzten Wahl sei nun einmal der schiitische Block um Maliki als Sieger hervorgegangen. "Wenn man nicht sämtliche Wahlergebnisse rückgängig machen will, dann muss man an Maliki festhalten."

Die militärischen Erfolge der ISIS gegenüber einer zahlenmäßig weitaus stärkeren Armee erklärt der Experte damit, dass es sich um eine Freiwilligenarmee handle, die mit europäischen Maßstäben nicht vergleichbar sei. Sie werde nach den gleichen ethnischen Mustern gebildet, wie alle anderen Institutionen des Iraks. Ganze Verbände, vor allem im Norden des Iraks, bestünden aus sunnitischen Soldaten, die wenig Begeisterung verspüren, gegen ihre eigenen Glaubensgenossen vorzugehen.

USA meiden Verstrickung

Die USA wollten sich nicht neuerlich in die Irak-Krise verstricken - nach den Erfahrungen in früherer Einsätze im Irak und in Afghanistan. "Und Obama ist nicht Bush." Derzeit versuche man, die große amerikanische Gemeinde in Bagdad zu schützen. "Immer noch unterhalten die USA die größte Botschaft weltweit im Irak mit 5.000 Mitarbeitern in der Botschaft und angeschlossenen Institutionen." Die Entsenung von 300 Leuten einer Sondereinheit sei da keine "beeindruckende Zahl". Das deute jedenfalls nicht darauf hin, dass es ein großes militärisches Engagement geben werde, so Fürtig.